Antiarrhythmika − Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Antiarrhythmika finden Anwendung bei Störungen des Herzrhythmus. Es gibt vier verschiedene Wirkweisen auf Kanäle der Blutelektrolyte wie Natrium oder Kalium. Dadurch verändert sich die Erregung von Herzmuskelzellen und der Herzrhythmus.
Einige Wirkstoffe sind Lidocain, Amiodaron oder Adenosin.
Unerwünschte Wirkungen sind neben Magen-Darm-Beschwerden weitere Störungen der Herzrhythmus.
Was sind Antiarrhythmika?
Antiarrhythmika sind Arzneimittel, die zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen zur Anwendung kommen. Sie wirken auf das Herz und die elektrische Weiterleitung von Impulsen, indem sie beispielsweise die Spiegel der Blutelektrolyte Calcium, Natrium oder Kalium beeinflussen.
Wie wirken Antiarrhythmika?
Anhand der Wirkweise unterteilt man die Antiarrhythmika in vier Gruppen.
Die Klasse-I-Antiarrhythmika blockieren die Natriumkanäle in den Herzmuskelzellen. Dadurch hemmen sie die Erregungsausbreitung, wodurch der Herzrhythmus weniger gestört wird.
Zu den Klasse-I-Antiarrhythmika zählen unter anderem die Wirkstoffe:
- Chinidin
- Procainamid
- Disopyramid
- Ajmalin
- Lidocain
- Flecainid
- Propafenon
Zu den Klasse-II-Antiarrhythmika zählen Propanolol und Metoprolol. Sie sind auch bekannt als Betablocker. Sie wirken besonders gut auf hohe Herzfrequenzen, indem sie das Zentrum für den Herzrhythmus (Sinusknoten) hemmen.
Amiodaron und Sotalol sind Klasse-III-Antiarrhythmika. Sie beeinflussen die Kalium-Kanäle. Sie wirken besonders gut bei zu geringen Herzfrequenzen.
Verapamil und Diltiazem sind Beispiele für Klasse-IV-Antiarrhythmika. Sie zählen zu den sogenannten Calciumantagonisten. Sie blockieren Calciumkanäle in den Herzmuskelzellen und verhindern dadurch, dass der gestörte Herzrhythmus bestehen bleibt.
Auch Adenosin zählt zu den Klasse-IV-Antiarrhythmika und wirkt besonders auf zu schnelle Herzrhythmen, die ihren Ursprung im Atrioventrikularknoten, dem sogenannten AV-Knoten, haben. Der AV-Knoten ist nach dem Sinusknoten das zweite Schrittmacherzentrum im Herzen und mit daran beteiligt die Herzfrequenz zu regulieren. Ist dieser Knoten gestört und erzeugt somit einen falschen Rhythmus, dann ist Adenosin in der Lage, den AV-Knoten kurzzeitig zu blockieren und somit den korrekten Herzrhythmus wieder herzustellen.
Wie und für welche Beschwerden werden Antiarrhythmika eingenommen?
Schlägt das Herz kurzzeitig viel zu schnell (ventrikuläre Tachykardie), gefährdet das die Blutversorgung des gesamten Körpers. Denn das Herz ist dann nicht mehr in der Lage, sich ausreichend mit Blut zu füllen. In der Folge stehen weniger Blut und Sauerstoff für die Organe, wie zum Beispiel das Gehirn, zur Verfügung.
In einem solchen Fall spritzt der Arzt im Rahmen der Akuttherapie Ajmalin in die Vene. Ajmalinwirkt in die Vene gespritzt schnell beruhigend auf den Herzrhythmus und setzt die Erregbarkeit des Herzmuskels herab. In der Regel erfolgt diese Therapie in einem Krankenhaus – in den meisten Fällen im Rahmen von Notfallsituationen. Dabei kontrolliert der Arzt den Herzrhythmus mittels Elektrokardiografie (EKG). In seltenen Fällen jedoch verschlechtert sich der Herzrhythmus bis hin zum Kammerflimmern. Kammerflimmern ist ein chaotischer und lebensbedrohlicher Herzrhythmus, bei dem das Herz nicht in der Lage ist, den Körper mit Blut zu versorgen. Dann ist es wichtig, das Kammerflimmern schnell durch einen Schock zu unterbinden. Dies geschieht mit einem Defibrillator. Um in einem solchen Fall schnell reagieren zu können, wird Ajmalin in der Regel nur verabreicht, wenn gleichzeitig ein Defibrilliator bereitsteht.
Schlägt das Herz zu schnell, wie dies beispielsweise nach Kaffeekonsum auftreten kann, dann ist dies nicht weiter beunruhigend. Sinkt die Herzschlagfrequenz jedoch nicht ab, ist bei anhaltenden Herzrhythmusstörungen eine meist lebenslängliche Dauertherapie mit Antiarrhythmika notwendig, wie beispielsweise mit Sotalol. Es ist ein Klasse-III-Antiarrhythmikum, das in einer täglichen Dosis von 160-320 mg eingenommen wird. Ein weiteres Klasse-III-Antiarrhythmikum ist Amiodaron. Die Wirkung setzt meist erst nach einer längeren Einnahme ein, die dann durch eine angepasste tägliche Dosis von 200-400 mg aufrechterhalten wird.
Nach einem Herzinfarkt oder bei einem gestörten Herzrhythmus, besonders durch Belastung, kommen Betablocker zum Einsatz. Damit Adenosin im AV-Knoten seine Wirkung entfalten kann, wird es einmalig in einer Dosierung von 6-18 mg in die Vene verabreicht.
Bestehen die Herzrhythmusstörungen weiterhin, obwohl Medikamente eingesetzt wurden, kann ggf. ein Herzschrittmacher mit oder ohne Defibrillator eingesetzt werden.
Nicht eingenommen werden sollten Antiarrhythmika grundsätzlich ohne die Absprache mit dem behandelnden Arzt. Abhängig von Begleiterkrankungen, vor allem des Herzens und der Lunge, wählen Mediziner das passende Präparat aus.
Eine Dauertherapie mit Klasse-I-Antiarrhythmika ist heute nur noch selten der Fall. Insbesondere in den Monaten nach einem Herzinfarkt oder bei einer eingeschränkten Herzfunktion kommen in der Regel andere Antiarrhythmika zum Einsatz.
Welche Nebenwirkungen können bei Antiarrhythmika auftreten?
Obwohl die Hauptwirkung an den Herzmuskelzellen stattfindet, erzeugen Antiarrhythmika zahlreiche Nebenwirkungen im gesamten Körper. Einige Beispiele sind:
- Magen-Darm-Beschwerden
- Schwindel, Benommenheit
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
Amiodaron weist hohe Jodkonzentrationen auf, dadurch kann die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt werden. Mögliche Folgen sind dann beispielsweise eine Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion.
Einige Antiarrhythmika werden über die Vene verabreicht. Abhängig von der Wirkweise kommt es mitunter zu gestörten Herzrhythmen oder einem Herzstillstand. Aus diesem Grund ist die parallele Kontrolledes Herzrhythmus notwendig.
Gibt es bei Antiarrhythmika Wechselwirkungen?
Das Klasse-III-Antiarrhythmikum Amiodaron interagiert mit Blutverdünnern. Wird beispielsweise gleichzeitig ein Cumarin eingenommen, ist dessen Dosis um ein Drittel zu reduzieren.
Veröffentlicht am: 04.06.2024
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- C01BA50, C01BB, C01BC, C01BD, C01BG
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Bönisch, H.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
[2] Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2019
[3] Grandi, E. et al.: Antiarrhythmic Mechanisms of Beta Blocker Therapy. Pharmacological Research 146 (August 2019): 104274
[4] Lei, M. et al.: Modernized Classification of Cardiac Antiarrhythmic Drugs. Circulation 138, Nr. 17 (23. Oktober 2018): 1879–96
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