Antidiabetika − Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Antidiabetika wirken auf einen erhöhten Blutzuckerspiegel, wenn eine Diabetes-Erkrankung vorliegt. Antidiabetiker wirken unterschiedlich, so beispielsweise auf die Insulin-Freisetzung aus der Bauchspeicheldrüse oder auf die Verwertung von Glukose. Ziel ist es bei allen Antidiabetika, den Blutzuckerspiegel zu senken und somit unter anderem die Folgeerscheinungen der sogenannten Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zu reduzieren. Unerwünschte Wirkungen sind etwa eine zu starke Senkung des Blutzuckers (Hypoglykämie) oder Magen-Darm-Beschwerden. Gegen die Einnahme von Antidiabetika sprechen unter anderem eine Schwäche der Leber- oder der Nierenfunktion.
Was sind Antidiabetika?
Antidiabetika bezeichnen eine Gruppe von Medikamenten, die bei Diabetes mellitus zum Einsatz kommen. Diese Erkrankung zeichnet sich dadurch aus, dass die erhöhten Blutzuckerspiegel nicht durch das körpereigene Hormon Insulin reduziert werden können, da dieses entweder in zu geringer Konzentration vorliegt oder nicht ausreichend vom Körper verarbeitet werden kann.
Neben der medikamentösen Behandlung mit Antidiabetika unterstützen eine Ernährungsumstellung und mehr körperliche Betätigung dabei, den Zucker weiter zu reduzieren.
Wie wirken Antidiabetika?
Es gibt verschiedene Angriffspunkte, um den erhöhten Blutzucker zu reduzieren, dabei werden folgende Wirkgruppen voneinander unterschieden:
- Alpha-Glucosidase-Hemmer (a-Glucosidase-Hemmer)
- Biguanide
- Gliptine
- Glinide
- Sulfonylharnstoffe
- Inkretin-Mimetika
- Glitazone
- Gliflozine
Acarbose und Miglitol zählen zu den a-Glucosidase-Hemmstoffen. Beide Wirkstoffe entfalten ihre Wirkung im Darmtrakt und hemmen dort die Aktivität einer bestimmten Enzymgruppe, der a-Glucosidasen. Diese spalten von Zweifach- und Mehrfachzucker (Kohlehydraten) den Einfachzucker Glucose ab. Sind diese Enzyme gehemmt, verdaut der Körper die mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate langsamer, wodurch die Glukose langsamer in das Blut gelangt.
Metformin ist ein Biguanid und hemmt die Glukose-Bildung in der Leber. In den Leberzellen verhindert es durch verschiedene Mechanismen, dass Glukose neu produziert wird. Gleichzeitig fördert es die Aufnahme von Glukose in die Muskulatur und das Fettgewebe, sodass der Blutzuckerspiegel sinkt.
Gliptine, Glinide, Sulfonylharnstoffe und Inkretin-Mimetika wirken auf die Bauchspeicheldrüse und sorgen dafür, dass Insulin vermehrt freigesetzt wird. Bei der Bauchspeicheldrüse handelt es sich um das Organ, das Insulin produziert und bei gesunden Menschen bei hohen Blutzuckerwerten, wie beispielsweise nach einer Mahlzeit, in die Blutbahn freisetzt.
Sulfonylharnstoffe und Glinide wirken auf einen Kalium-Kanal in der Bauchspeicheldrüse. Dabei handelt es sich um eine tunnelförmige Eiweißstruktur in den Zellwänden der Bauchspeicheldrüse und anderen Organen, die eine Pore bilden, durch die es Zellen möglich ist, Elektrolyte wie Kalium-Teilchen auszutauschen.
Glimepirid und Glibenclamid zählen zu den Sulfonylharnstoffen. Sie blockieren unabhängig vom Blutzuckerspiegel den Kalium-Kanal und sorgen somit für eine anhaltende Freisetzung von Insulin.
Im Gegensatz dazu sorgen Glinide wie Repaglinid oder Nateglinid für eine blutzuckerabhängige Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Das heißt sie wirken besonders gut auf hohe Blutzuckerspiegel, die sich nach dem Essen einstellen.
Inkretin-Mimetika sind Arzneimittel, die auf den GLP-1-Rezeptor (Glucagon-like Peptide 1) in der Bauchspeicheldrüse wirken. An diesen gebunden, bewirken sie eine Freisetzung von Insulin. Gleichzeitig hemmen sie die Neuproduktion von Glukose in der Leber, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Zusätzlich sorgen sie für ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl, da der Magen sich durch die Einnahme von Inkretin-Mimetika langsamer entleert. Als Folge ist etwa eine Gewichtsabnahme möglich.
Zu den Inkretin-Mimetika zählen Wirkstoffe wie Exenatid, Liraglutid oder Dulaglutid.
Ähnlich wirken Gliptine. Sie hemmen das Enzym Dipeptidylpeptidase 4, welches normalerweise GLP-1 abbaut. Durch diese Hemmung ist mehr GLP-1 verfügbar, das an den GLP-1-Rezeptor in der Bauchspeicheldrüse bindet und für eine Freisetzung von Insulin sorgen kann.
Zu den Gliptinen zählen Wirkstoffe wie Sitagliptin oder Saxagliptin.
Einen weiteren Wirkmechanismus weisen die Glitazone auf. Sie verstärken den Einfluss von Insulin auf den Blutzuckerspiegel, indem sie die Zellen für Insulin sensitivieren. Der Wirkmechanismus ist komplex, und Glitazone haben zahlreiche weitere Auswirkungen auf Enzyme und Stoffwechselprozesse. Zu den Wirkstoffen zählt zum Beispiel Pioglitazon.
Gliflozine hemmen den SGLT-1 Transporter (Sodium glucose-linked transporter 2) in der Niere. Dieser ist dafür verantwortlich die Glukose aus dem Harn wieder in den Körper zurück zu transportieren. Wenn er jedoch gehemmt ist, wird über den Harn vermehrt Glukose ausgeschieden. Zusätzlich ist eine Gewichtsabnahme und Blutdrucksenkung möglich. Wirkstoffe sind beispielsweise Dapagliflozin oder Empagliflozin.
Wie und bei welchen Beschwerden sollten Antidiabetika eingenommen werden?
Antidiabetika sind Arzneimittel für die Behandlung des Diabetes mellitus.
Alpha -Glucosidase-Hemmer beeinflussen den Blutzuckerspiegel besonders in den Anfängen der Zuckerkrankheit positiv. Je weiter die Erkrankung fortschreitet und sich damit die Insulinfreisetzung verringert, desto weniger ist der Effekt von beispielsweise Acarbose auf die Blutzuckerkonzentration. Wichtig ist es, mit einer niedrigen Dosis zu starten und dann die Dosierung langsam zu erhöhen. Zum Beispiel können einmal 50 mg pro Tag in der Anfangszeit und dreimal 100 mg pro Tag nach sechs Wochen eingenommen werden. Acarbose lässt sich auch mit anderen Antidiabetika kombinieren.
Metformin ist das Mittel der Wahl bei Typ-2-Diabetikern. Es hilft, den Zuckerhaushalt zu optimieren und den Blutzuckerspiegel zu senken. Metformin wird besonders für übergewichtige Diabetiker verwendet.
Glinide wirken nur sehr kurz. Sie zeigen eine gute Wirkung auf erhöhte Blutzuckerspiegel nach Mahlzeiten, das heißt, die Einnahme erfolgt am besten zum Essen. Sie sind insbesondere sinnvoll, wenn nicht regelmäßig gegessen wird. Dann genügt es, eine Tablette zur Mahlzeit einzunehmen.
Inkretin-Mimetika werden in der Regel in das Unterhautfettgewebe gespritzt. Exenatid wird eine Stunde vor dem Essen gegeben, und die Wirkung hält bis zu sechs Stunden an. Somit ist das Spritzen mehrmals am Tag nötig.
Jedoch sind auch längere Abstände zwischen den Spritzen nötig: So wird Liraglutid beispielsweise nur einmal pro Tag und Dulaglutid nur einmal pro Woche gespritzt.
Gliptine wie Sitagliptin und Gliflozine wie Dapagliflozin werden einmal pro Tag als Tablette eingenommen.
Nicht eingenommen werden sollten Antidiabetika wenn eine Nieren- oder Leberschwäche oder bekannte Unverträglichkeit vorliegt.
Welche Nebenwirkungen können bei Antidiabetika auftreten?
Aufgrund der verschiedenen Wirkweisen sind diverse Nebenwirkungen möglich. Einige Beispiele sind:
- Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen und Durchfall
- Unterzuckerung
- Gewichtsänderungen
Sulfonylharnstoffe und Glinide führen zu einem Gewichtsverlust.
Glitazone sorgen beispielsweise für eine Gewichtszunahme durch vermehrte Wassereinlagerungen. Diese Wassereinlagerungen haben Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und können zu einer Herzschwäche führen.
Gibt es Wechselwirkungen zwischen Antidiabetika und anderen Arzneimitteln?
Inkretin-Mimetika beeinflussen die Verdauung und damit auch die Aufnahme anderer Medikamente. So ist es möglich, dass die gewünschte Wirkung ausbleibt oder die Magenschleimhaut Schaden nimmt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, zusätzliche Medikamente zeitlich versetzt einzunehmen.
Wird Acarbose gemeinsam mit Ezetimib oder Schmerzmitteln eingenommen, sind Durchfälle möglich.
Veröffentlicht am: 22.10.2024
____________________________________________________________________________________________________________________________
ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- A10, A10B, A10X
- Quelle: Gelbe Liste
____________________________________________________________________________________________________________________________
Das könnte Sie auch interessieren
Quellen
[1] Bönisch, H.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
[2] Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2019
[3] Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes, Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021
[4] Imamovic Kadric, S. et al.: Pharmacogenetics of New Classes of Antidiabetic Drugs. Bosnian Journal of Basic Medical Sciences 21, Nr. 6 (1. Dezember 2021): 659–71
[5] Pfeiffer, Andreas F. H. et al.: The Treatment of Type 2 Diabetes. Deutsches Ärzteblatt International 111, Nr. 5 (31. Januar 2014): 69–81
Unsere Qualitätssicherung

"Die Beratung und Information unserer Kunden liegt uns besonders am Herzen: Mit dem Ratgeber erhalten Sie kompaktes Apotheker-Wissen zu vielen Gesundheitsthemen – recherchiert und geschrieben von unserem Experten-Team."
Als leitende Apothekerin steht Theresa Holler mit Ihrem großen Apotheker-Team hinter unseren Ratgebern. Hier erhalten Sie immer fundiertes Wissen zu vielen verschiedenen Gesundheitsthemen. Mit dem Ratgeber von SHOP APOTHEKE können Sie sich nicht nur schnell über verschiedene Themen informieren, Sie erhalten außerdem wichtige Apotheker-Tipps zu bewährten Arzneimitteln.