Antiemetika - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Ein Antiemetikum reduziert Übelkeit und Erbrechen, unterschiedlicher Ursache, indem verschiedene Bindungsstellen im Gehirn blockiert werden, die an der Entstehung von Übelkeit beteiligt sind. Einige Wirkstoffbeispiele sind Dimenhydrinat, Metoclopramid, Ondansetron oder Promethazin. Die Anwendung eines Antiemetikums ist beispielsweise zu einer Operation (wenn die Narkose eine Übelkeit auslösen kann), während der Schwangerschaft oder im Rahmen einer Chemotherapie notwendig.
Unerwünschte Wirkungen sind beispielsweise Verdauungsstörungen oder Störungen des Herzrhythmus.
Was sind Antiemetika?
Übelkeit und Brechreiz begleiten als Symptome eine Vielzahl von Erkrankungen und treten häufig durch Narkosen nach Operationen oder während einer Chemotherapie auf. Ein Antiemetikum sorgt für eine Linderung der Übelkeit und kann so einen Brechreiz unterdrücken.
Wie wirken Antiemetika?
An der Entwicklung der Übelkeit sind im Gehirn eine Vielzahl von Schaltstellen, sogenannte Rezeptoren, beteiligt. Die meisten Antiemetika sind Antagonisten an diesen Rezeptoren, dass bedeutet, sie sind Gegenspieler und binden an den Rezeptoren an und verhindern dadurch, dass andere Substrate anbinden und ihre Wirkung entfalten können.
Anhand des Wirkstoffaufbaus unterscheidet man folgende Antiemetika:
- Dopaminrezeptor-Antagonisten
- Muscarinrezeptoren
- Glukokortikoide
- Prokinetika
- Cannabinoide
- H1-Antihistaminika
- 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten
- NK1-Rezeptor-Antagonisten
Dopaminrezeptor-Antagonisten unterbrechen die Wirkung des im Gehirn befindlichen Dopamin. Sie wirken nicht, wenn eine Reiseübelkeit vorliegt, da hier die Ursache im Gleichgewichtssinn liegt.
Einige dieser Dopaminrezeptor-Antogonisten zählen zu der Gruppe der Neuroleptika, oder auch sogenannte Antipsychotika. Sie werden angewendet für die Behandlung psychischer Erkrankungen und Übelkeit. Wirkstoffe sind z.B. Phenothiazon, Promethazin, Haloperidol und Droperidol.
Weitere Wirkstoffe der Gruppe Dopaminrezeptor-Antagonisten sind:
Metoclopramid wirkt hauptsächlich gegen Übelkeit und Erbrechen.
Domperidon beschleunigt die Magenentleerung. Der Magendruck wird somit verringert und die Übelkeit vermindert.
H1-Antihistaminika werden meist vorbeugend angewendet. Besonders gut wirken sie zur Behandlung einer Reiseübelkeit, die durch Bewegungen ausgelöst wird. Sie sind auch in einer Schwangerschaft anwendbar. Wirkstoffe, die zu dieser Gruppe gehören sind z.B. Dimenhydrinat, Diphenhydramin. H1-Antihistaminika binden an den Rezeptor an, an dem normalerweise Histamin bindet, welches unter anderem Übelkeit auslöst. Zu der Übelkeit mindernden Wirkung haben sie eine beruhigende Wirkung.
Ondansetron, Palonsetron und Granisetron sind Vertreter der 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten. Der 5-HT3-Rezeptor ist die Bindungsstelle von Serotonin und unter anderem an der Entstehung von Übelkeit und Erbrechen beteiligt.
Die Neurokinin1(NK1)-Rezeptor-Antagonisten sind eine spezielle Gruppe der Antiemetika. Diese Rezeptoren finden sich ebenfalls im Brechzentrum und die Wirkstoffe Aprepitant, Rolapitan und Fosaprepitant sorgen für eine übelkeitslindernde Wirkung.
Wie und für welche Beschwerden können Antiemetika eingenommen werden?
In der Regel werden Antiemetika als Tablette eingenommen. Besonders für eine stärkere Übelkeit mit Erbrechen, eignen sich jedoch Zäpfchen besser. Einige Wirkstoffe, wie zum Beispiel Metoclopramid, können aber auch über die Vene verabreicht werden. Über die Vene wird meist vor einer Operation verabreicht. Tabletten oder Tropfen können durch Erbrechen mit ausgeschieden werden und dadurch unwirksam sein. Eine intravenöse Gabe hingegen wird durch Erbrechen nicht beeinflusst.
Metoclopramid und Domperidon können zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen beispielsweise durch Migräne eingesetzt werden. Aber auch andere Medikamente, wie die starken Schmerzmittel der Opioide, können für die Entstehung von Übelkeit verantwortlich sein. Auch hier sind die Dopamin-Antagonisten wirksam.
Promethazin und Diphenhydramin wirken besonders gut gegen Übelkeit in der Schwangerschaft und Reiseübelkeit während Autofahrten oder im Flugzeug.
Ondansetron als 5-HT3-Rezeptor-Antagonist wirkt besonders gut wenn eine Übelkeit durch Chemotherapeutika ausgelöst wird. Sie sind die am stärksten wirksamen Antiemetika.
NK1-Rezeptor-Antagonisten sind prophylaktische (vorbeugende) Antiemetika im Rahmen einer Chemotherapie. Sie werden meist parallel mit 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten und einem Glukokortikoid , dem Dexamethason verabreicht.
Welche Nebenwirkungen können durch Antiemetika auftreten?
Eine wichtige Nebenwirkung der Dopamin-Rezeptor-Antagonisten Metoclopramid und Domperidon sind die sogenannten extrapyramidalmotorischen Bewegungsstörungen. Darunter versteht man Störungen der Muskelspannung und des Bewegungsablaufs. Die Folge sind unkontrollierbare vermehrte oder verminderte Bewegungen des Körpers. Eine längerfristige Behandlung (über 3 Monate) mit Metoclopramid kann bei älteren Patienten zu einer Spätdyskinesie führen. Anzeichen hierfür sind nicht beeinflussbare Bewegungen, Grimassen, Gesichtszuckungen. Stellen sich solche unerwünschten Wirkungen ein, muss die Therapie vom Arzt abgebrochen werden.
Eine weitere Nebenwirkung ist eine erhöhte Konzentration des Hormons Prolaktin, die mit einer Vermehrung der Brustmasse, der Gynäkomastie, einhergeht.
Die sedierenden H1-Antihistaminika Diphenhydramin oder Promethazin können mit Müdigkeit und Konzentrationsstörungen einhergehen.
Unerwünschte Wirkungen von Grani- oder Ondansetron sind Verstopfungen, Kopfschmerzen und Störungen des Herzrhythmus.
Mögliche Nebenwirkungen des NK1-Rezeptor-Antagonisten Aprepitant sind der Anstieg von Leberwerten, Kopfschmerzen und Schluckauf.
Gibt es Wechselwirkungen zwischen Antiemetika und anderen Arzneimitteln ?
Durch die Wirkung von Metoclopramid und Domperidon auf die Aktivität des Magen-Darm-Trakts beeinflussen sie die Aufnahme von allen Medikamenten, die als Tablette eingenommen werden. Denn durch die beschleunigte Verdauung ist die Aufnahme von anderen Wirkstoffen eingeschränkt. Die Medikamente wirken dann möglicherweise weniger gut.
Die gleichzeitige Einnahme von Aprepitant, dem NK1-Rezeptor-Antagonisten, und dem Antipsychotikum Pimozid oder dem Antiemetikum Fosaprepitant ist lebensgefährlich, da Herzrhythmusstörungen auftreten können.
Diese Wechselwirkung basiert auf dem Einfluss von Aprepitant auf abbauende Enzyme in der Leber. Somit hat es Einfluss auf die Wirkung einer Vielzahl von Medikamenten.
Diese und viele weitere Wechselwirkungen werden von Ärzten vor dem Verabreichen beurteilt und abgewogen.
Veröffentlicht am: 30.09.2024
____________________________________________________________________________________________________________________________
ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- A04, A04A, A04AD
- Quelle: Gelbe Liste
____________________________________________________________________________________________________________________________
Das könnte Sie auch interessieren
Konzentrationsschwäche – Symptome, Ursache und Tipps
Durchfall: Ursachen, Symptome und Behandlung bei Diarrhoe
Herzschrittmacher bringen das Herz wieder auf Trab
Glukokortikoide – Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen
Schmerzmittel - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen
Magnesium - Lebensmittel & Wirkung
Quellen
[1] Bönisch, H.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
[2] Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2019
[3] Elvir-Lazo, O. et al.: Management Strategies for the Treatment and Prevention of Postoperative/Postdischarge Nausea and Vomiting: An Updated Review. F1000Research 9 2020): F1000 Faculty Rev-983
[4] Gupta, K. et al.: Chemotherapy-Induced Nausea and Vomiting: Pathogenesis, Recommendations, and New Trends. Cancer Treatment and Research Communications 26 (2021): 100278
[5] London, V. et al.: Hyperemesis Gravidarum: A Review of Recent Literature. Pharmacology 100, Nr. 3–4 (2017): 161–71
Unsere Qualitätssicherung

"Die Beratung und Information unserer Kunden liegt uns besonders am Herzen: Mit dem Ratgeber erhalten Sie kompaktes Apotheker-Wissen zu vielen Gesundheitsthemen – recherchiert und geschrieben von unserem Experten-Team."
Als leitende Apothekerin steht Theresa Holler mit Ihrem großen Apotheker-Team hinter unseren Ratgebern. Hier erhalten Sie immer fundiertes Wissen zu vielen verschiedenen Gesundheitsthemen. Mit dem Ratgeber von SHOP APOTHEKE können Sie sich nicht nur schnell über verschiedene Themen informieren, Sie erhalten außerdem wichtige Apotheker-Tipps zu bewährten Arzneimitteln.