Benzodiazepine - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Benzodiazepine sind Medikamente, die zur Behandlung von Angst- und Panikstörungen, Schlafstörungen und Krampfleiden zum Einsatz kommen. Die Wirkung besteht im Wesentlichen darin, dass sie an bestimmte Stellen im Gehirn ansetzen, die z.B. verhindern Schmerzreize weiterzuleiten. Sie wirken auf den Botenstoff Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) und verstärken dessen hemmenden Einfluss auf die Übertragung von Signalen im Gehirn. Die Dauer der Einnahme ist in der Regel auf wenige Monate begrenzt, da sonst das Risiko einer Abhängigkeit groß ist.
Unerwünschte Wirkungen sind beispielsweise Schläfrigkeit, Bewusstseinsstörungen, Verwirrung und Koordinationsstörungen.
Wichtig ist, dass Benzodiazepine eine Wirkung auf die Atmung haben. Diese kann verlangsamt werden. Aufgrund der Wechselwirkungen mit anderen beruhigenden Substanzen, wie Alkohol und Opioide, kann es zu Ohnmacht und stark verlangsamter Atmung führen.
Was sind Benzodiazepine?
Benzodiazepine zählen zu der Gruppe der Psychopharmaka (auch teilweise Tranquilizer genannt), die z.B. zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen, Schlafstörungen und Panikattacken verwendet werden. Sie wirken auf bestimmte Bereiche im Gehirn und beeinflussen dadurch die Stimmung und das Verhalten. Viele dieser Wirkstoffgruppe haben die Endung -zepam. Sie heißen zum Beispiel Diazepam oder Lorazepam.
Wie wirken Benzodiazepine?
Der im Gehirn vorkommende Neurotransmitter (Verbindungsstellen zwischen den Nerven zur Signalübertragung) Gammaaminobuttersäure (auch GABA genannt) hemmt die Aktivität bestimmter Nervenzellen und stellt sicher, dass der Mensch fühlen und handeln kann. Ist zu wenig GABA im Gehirn vorhanden, kann es zu Angst, Depressionen oder Krämpfen kommen. Benzodiazepine sorgen dafür, dass GABA auch in geringer Menge wirken kann. Der Mangel an GABA wird ausgeglichen. Ängste werden gelöst, Muskeln entspannt.
Medikamente, die ein Benzodiazepin enthalten, wirken sedierend (beruhigend), anxiolytisch (angstlösend), muskelentspannend, schlaffördernd und reduzieren das Auftreten von epileptischen Anfällen (Krampfanfällen).
Die verschiedenen Wirkstoffe unterscheiden sich in der Wirkstärke und in den Anwendungsgebieten.
Wie und für welche Beschwerden werden Benzodiazepine angewendet?
Benzodiazepine verwenden Ärzte in vielen verschiedenen Bereichen. Zum Beispiel für:
- Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen
- Angststörungen
- erhöhte Muskelspannung, Muskelverkrampfung
- Panikattacken
- Spannungszustände bei Depressionen
- Psychische Erkrankungen
- Durchschlafstörungen
- Beruhigend zur Narkoseeinleitungen vor Operationen
- Aufrechterhaltung einer Narkose
- Beruhigung während einer Beatmung
Alle Benzodiazepine sind verschreibungspflichtig und somit nicht freiverkäuflich in der Apotheke erhältlich. Teilweise fallen sie unter das sogenannte BTMG (Betäubungsmittelgesetz).
Für die Narkoseeinleitung, vor medizinischen Untersuchungen oder um Patienten auf einer Intensivstation zu beruhigen, kommen kurz wirksame Benzodiazepine, wie Midazolam, zum Einsatz. Kurzwirksam bedeutet, dass das Medikament schnell seine Wirkung entfaltet und diese nur über einen kurzen Zeitraum bestehen bleibt. Somit ist es möglich, gerade bei kurzen Operationen schnell einen beruhigenden Zustand zu erreichen, aber auch schnell wieder wach und konzentriert zu sein.
Clonazepam beispielsweise verringert die Entstehung von Krampfanfällen. Es findet zudem Anwendung während eines epileptischen Anfalls (Krampfanfall).
Benzodiazepine wirken sofort angstlösend, schlaffördernd und beruhigend. Diese Wirkung nutzen Ärzte um z.B. akute Panikattacken zu behandeln. Im Allgemeinen sollten sie nur kurzzeitig (maximal 4 Wochen) angewendet werden, da sich eine Gewöhnung einstellt und die Dosis dann stetig erhöht werden muss.
Die allgemeine Dosierung für Erwachsene kann je nach Wirkstoff unterschiedlich sein, deshalb sollte hier genau mit dem Arzt besprochen werden, wie und vor allem wie lange das jeweilige Medikament eingenommen werden soll. Zudem soll ein abruptes Absetzen vermieden werden, denn dies kann zu „Entzugserscheinungen“ führen. Anzeichen hierfür sind Schlafprobleme, Reizbarkeit, Unruhe, Spannungszustände, Angst, Panikattacken, Aggressivität und Wahnvorstellungen.
Nicht eingenommen werden sollten Benzodiazepine, wenn eine schwere Form der Muskelschwäche (Myasthenia gravis), Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff, schwere Atemprobleme, Leberfunktionsstörungen, Nierenfunktionsstörungen oder eine Herzschwäche vorliegen.
Ebenso ist nicht empfehlenswert, diesen Wirkstoff während der Schwangerschaft und der Stillzeit einzunehmen. Sollte es während der Einnahme zu einer Schwangerschaft kommen, teilen Sie bitte Ihrem Arzt mit, dass sie ein Benzodiazepin verwenden. Neugeborene können, wenn die Mutter Benzodiazepine eingenommen haben, mit Entzugserscheinungen geboren werden. Benzodiazepine, die während einer Geburt verabreicht werden, können zu verminderter Aktivität, runtergesetzter Muskelspannung, niedriger Körpertemperatur oder niedrigem Blutdruck, Atemproblemen oder Trinkschwäche des Säuglings führen.
Ältere und geschwächte Patienten reagieren häufig empfindlicher auf Benzodiazepine. Besonders zu Beginn der Behandlung sollten die Patienten auf die Wirksamkeit kontrolliert werden, um Überdosierungen schnell zu erkennen. Zu hohe Dosierungen können das Risiko für Bewegungs- und Gangunsicherheit, Verwirrung, Schwindel und Stürze erhöhen.
Ist eine Anwendung für Patienten mit Nieren- bzw. Leberfunktionsstörung erforderlich, wird der Arzt die Dosierung dementsprechend anpassen.
Aufgrund des Abhängigkeitspotenzials sind Benzodiazepine nicht für Menschen mit einer bereits bestehenden Abhängigkeit, wie zum Beispiel einer Alkoholabhängigkeit oder Medikamenten- oder Drogensucht, geeignet.
Welche Nebenwirkungen können bei Benzodiazepinen auftreten?
Benzodiazepine können neben den gewünschten auch unerwünschte Wirkungen auslösen. Besonders zu hohe Dosierungen können als Ursache hierfür genannt werden. Anzeichen für Nebenwirkungen sind:
- Zu starke Sedierung
- Schläfrigkeit, Benommenheit, verlängerte Reaktionszeit, Restmüdigkeit am Morgen
- Niedriger Blutdruck
- Magen-Darm-Probleme wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall
- Koordinations-, Gang- und Sprachstörungen, Schwindel
- Atemstörungen bis hin zu Atemaussetzern
- Muskelschwäche
- Appetitzunahmen, Mundtrockenheit oder vermehrter Speichelfluss
- Sexualstörungen (Zu- oder Abnahme der Lust)
- Herzrhythmusstörungen
- Körperliche sowie psychische Abhängigkeitsentwicklung (wenn eine tägliche Einnahme über wenige Wochen durchgeführt wird)
- Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, unangemessenes Verhalten, Gedächtnislücken
- Sturzgefahr und damit oft verbunden Knochenbrüche (besonders ältere Patienten sind davon betroffen)
Bei einer längeren Einnahme von über 3 Monaten sind psychische Abhängigkeit, depressive Verstimmung, Antriebsverlust und eine fehlende Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen möglich.
Vor allem bei älteren Personen erzeugen Benzodiazepine oft ungewollte Wirkungen, darunter Desorientiertheit und Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit.
Wurden Benzodiazepine über einen mehrwöchigen Zeitraum eingenommen, entstehen häufig Entzugssymptome. Betroffene zittern, sind leicht reizbar und unruhig. Die Orientierung, die geistige Leistungsfähigkeit und die Kontrolle über den eigenen Körper sind dann oft gestört.
Ein ebenfalls wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit Benzodiazepinen ist die körperliche Abhängigkeit. Diese tritt häufig erst auf, wenn der Wirkstoff über mehrere Monate eingenommen wurde. Abhängig von Einnahmedauer und Dosishöhe nimmt das Reaktionsvermögen ab. Kommen anhaltende Schläfrigkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten hinzu, ist die Fahreignung und die Fähigkeit Maschinen sicher zu bedienen, eingeschränkt. Daher versuchen Ärzte die Einnahme auf einen Monat zu begrenzen, um das Risiko für eine Abhängigkeit zu minimieren.
Im Gespräch sollten die Ärzte über die Risiken von Benzodiazepinen aufklären.
Gibt es Wechselwirkungen zwischen Benzodiazepinen und anderen Wirkstoffen?
Informieren Sie Ihren Arzt, wenn Sie weitere Wirkstoffe verwenden, verwenden wollen oder verwendet haben. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die gleichzeitige Behandlung mit folgenden Wirkstoffen gelegt werden:
- Antiepileptika zur Behandlung von Krampfanfällen
- Antidepressiva, Neuroleptika, Lithium zur Behandlung von geistig-seelischen Erkrankungen
- Natriumoxybat zur Behandlung der Schlafkrankheit (Narkolepsie)
- Opioide
- sedierende (beruhigende) Antihistaminika
- weitere Schlafmittel
- Arzneimittel zur Behandlung von Magengeschwüren oder zu viel Magensäure (Cimetidin, Omeprazol) können eine stärkere oder längere Wirkung des Benzodiazepins auslösen
Zudem soll die gleichzeitige Verwendung von Alkohol und alkoholischen Getränken vermieden werden.
Im Falle einer Überdosierung von Benzodiazepinen kann Flumazenil als Gegenmittel („Antidot“) gegeben werden, um die Wirkung des Benzodiazepins aufzuheben.
Veröffentlicht am: 26.04.2024
Quellen
Graefe K.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
Falkai P.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2021
Payk T.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2021
Maust, D.T. et al.: Benzodiazepine Use and Misuse Among Adults in the United States. Psychiatric Services (Washington, D.C.), 2019, 70.2: 97–106
S3-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V.: Medikamentenbezogene Störungen, 2020, AWMF-Register-Nr.: 038-025
S3-Leilinie der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel Insomnie beim Erwachsenen, Update 2016, AWMF-Register-Nr.: 063/003
Gelbe Liste. Benzodiazepine. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/benzodiazepine
Unsere Qualitätssicherung

"Die Beratung und Information unserer Kunden liegt uns besonders am Herzen: Mit dem Ratgeber erhalten Sie kompaktes Apotheker-Wissen zu vielen Gesundheitsthemen – recherchiert und geschrieben von unserem Experten-Team."
Als leitende Apothekerin steht Theresa Holler mit Ihrem großen Apotheker-Team hinter unseren Ratgebern. Hier erhalten Sie immer fundiertes Wissen zu vielen verschiedenen Gesundheitsthemen. Mit dem Ratgeber von SHOP APOTHEKE können Sie sich nicht nur schnell über verschiedene Themen informieren, Sie erhalten außerdem wichtige Apotheker-Tipps zu bewährten Arzneimitteln.