Lokalanästhetika − Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Lokalanästhetika erzeugen eine lokale Betäubung (örtliche Anästhesie). Das Lokalanästhetikum wird dafür in das zu betäubende Gebiet gespritzt oder in Form einer Creme oder eines Gels oder Pflaster aufgetragen und verteilt sich um die Nerven, die den Schmerz zum Gehirn weiterleiten. Lokalanästhetika finden Anwendung bei lokalen Behandlungen, setzen einer Kanüle für Infusionen und Operationen.
Unerwünschte Wirkungen sind beispielsweise allergische Reaktionen im Bereich der Einstichstelle oder des Auftragungsortes und bei Überdosierung Störungen der Herz- und Lungenfunktion.
Was sind Lokalanästhetika?
Lokalanästhetika sind Arzneimittel, welche die Signalweiterleitung über die Nervenfasern in bestimmten Körperbereichen blockieren und so eine örtliche Betäubung herbeiführen. Im Gegensatz zu der Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) schalten sie nicht das gesamte Bewusstsein und Schmerzempfinden aus. Die Wahrnehmung anderer Sinne und die Fähigkeit zur Interaktion bleiben bei der Lokalanästhesie ungestört. Menschen, die eine lokale Betäubung erhalten haben, sind weiterhin wach und in der Lage, zu kommunizieren.
Wie wirken Lokalanästhetika?
Für die Weiterleitung von Schmerzen sind spezielle Nervenfasern verantwortlich, die in der Lage sind, besonders schnell ihre Impulse weiterzuleiten. Man unterscheidet hier zwischen einem Ester- und einem Amid-Typen. Ester weisen eine kurze Wirkdauer auf und werden nach 30 bis 60 Minuten im Blut abgebaut. Cocain oder Procain sind Beispiele für den Ester-Typ.
Amide sind die neueren Lokalanästhetika, dazu zählen etwa Lidocain, Bupicavain oder Articain. Der Abbau von Amiden findet erst in der Leber statt, wodurch eine längere Wirkung entsteht.
Lokalanästhetika wirken auf Nervenzellen, indem sie in das umliegende Gewebe gespritzt oder in Form von Gelen, Pflastern oder Cremes aufgetragen werden und dann zu der Nervenzelle wandern. Lokalanästhetika werden nicht direkt in die Nerven gespritzt, sondern wirken durch eine Verteilung im umliegenden Nervengeflecht. Lokalanästhetika gelangen nicht in den Blutkreislauf.
Wie und für welche Beschwerden kommen Lokalanästhetika zum Einsatz?
Lokalanästhetika können auf vielen verschiedenen Wegen wirken.
Es gibt lokalanästhetika-haltige Pflaster, welche gerade bei Kindern beispielsweise auf die Haut oberhalb einer Vene geklebt werden, damit die oberflächlichen Hautnerven betäubt sind und der Stich mit der Nadel nicht wehtut.
Eine weitere Möglichkeit der Gabe ist die sogenannte Infiltration. Dabei wird das Lokalanästhetikum mit einer dünnen Hohlnadel in das Gewebe gespritzt. Dies ist beispielsweise bei ambulanten Eingriffen oder dem Nähen einer Wunde notwendig.
Lokalanästhetika können auch direkt in das Nervengeflecht um große Nerven herumgespritzt werden. Dazu benötigt der Arzt ein Ultraschallgerät um die richtige Einstichstelle ausfindig zu machen. Eine besondere Form der Lokalanästhesie ist die Spinalanästhesie. Hierbei wird das Lokalanästhetikum in einen bestimmten Rückenmarksraum gespritzt und betäubt somit das Rückenmark und den gesamten Körperabschnitt unterhalb der Einstichstelle. Diese Form der Lokalanästhesie findet häufig bei Schwangeren im Rahmen der Entbindung Anwendung. Sie ermöglicht eine schmerzfreie natürliche Geburt und wird auch als Regionalanästhesie bezeichnet. Es finden auch viele Operationen unter einer solchen Lokalanästhesie statt, wie beispielsweise an den Armen oder Beinen.
Welche Nebenwirkungen können durch Lokalanästhetika auftreten?
Lokalanästhetika provozieren in der Regel wenig Nebenwirkungen. Gelegentlich sind allergische Reaktionen im Bereich der Einstichstelle oder des Auftragungsortes möglich.
Werden Lokalanästhetika nicht in das Gewebe, sondern in ein Blutgefäß gespritzt, wirken sie durch die Verteilung über die Blutbahn im ganzen Körper und erzeugen so Störungen der Herz- und Kreislauffunktion. Wenn die Spinalanästhesie zu hoch gesetzt wird, also nicht im unteren Rückenabschnitt, sondern darüber, ist es möglich, dass das Lokalanästhetikum die Lungen- und Herzfunktion einschränkt. Dann sind Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand mögliche Folgen.
Gerade wenn die Dosishöchstmenge nicht berücksichtigt wird, ist mit vermehrten Nebenwirkungen zu rechnen. Möglich sind dann Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und Kreislaufversagen.
Eine Spinalanästhesie ist zusätzlich mit Nebenwirkungen verbunden, die jedoch in der Regel nicht auf das Lokalanästhetikum, sondern auf die Injektion mit einer Nadel zurückzuführen sind. Eine Verletzung des Rückenmarks oder eine Einblutung in den Rückenmarkraum sind hier möglich – eine Querschnittlähmung kann hier die Folge sein.
Gibt es bei Lokalanästhetika Wechselwirkungen?
Werden gleichzeitig mit den Lokalanästhetika gefäßverengende Wirkstoffe (Vasokonstriktoren) wie Adrenalin oder Noradrenalin eingenommen, verlängert dies die Wirkdauer der Lokalanästhetika deutlich. Zudem sind dann ein Blutdruckanstieg, Herzrasen und Herzrhythmusstörungen möglich.
Veröffentlicht am: 16.10.2024
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- D04AB, N01B, N01BX, R02AD, S01H
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Bönisch, H.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
[2] Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2019
[3] S3-Leitline Prävention und Therapie der systemischen Lokalanästhetika-Infiltration der deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, 08.01.2020
[4] Becker, Daniel E. et al.: Local Anesthetics: Review of Pharmacological Considerations. Anesthesia Progress 59, Nr. 2 (2012): 90–101
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