Muskelrelaxanzien – Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Muskelrelaxanzien sind Wirkstoffe, die dazu führen, dass sich Muskeln entspannen. Dies geschieht entweder, indem sie die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln beeinflussen oder indem sie direkt im Muskel wirksam werden. Einsatzgebiete sind vorwiegend spastische und andere schmerzhafte Muskelkrämpfe, außerdem werden sie im Rahmen der Narkose eingesetzt, um sie sicherer zu machen und operative Eingriffe zu erleichtern. Risiken, Neben- und Wechselwirkungen hängen vorwiegend vom jeweiligen Wirkstoff ab und sollten im Einzelfall mit Arzt oder Apotheker besprochen werden.
Was sind Muskelrelaxanzien?

Muskelrelaxanzien oder Muskelrelaxantien sind eine Gruppe von Wirkstoffen, die für eine Entspannung (Relaxation) der Muskulatur sorgen. Sie werden beispielsweise unterstützend im Rahmen einer Narkose eingesetzt, aber auch bei der Behandlung schmerzhafter Muskelkrämpfe finden sie Anwendung. Die Muskelrelaxanzien werden grob unterteilt in
- diejenigen, die ihre Wirkung im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) entfalten (zentrale Muskelrelaxanzien)
- und solche, die direkt am Skelettmuskel, also den willkürlich steuerbaren Muskeln, wirken (periphere Muskelrelaxanzien).
Zu den zentral wirksamen Vertretern gehören beispielsweise:
- Methocarbamol
- Baclofen
- Pridinol
- Tolperison
- Benzodiazepine wie Diazepam
Peripher wirksame Wirkstoffe umfassen unter anderem:
- Atracurium
- Cisatracurium
- Mivacurium
- Vecuronium
- Succinylcholin
Auch einige natürliche Gifte (Toxine), wie die des Bakteriums Clostridium botulinum (Botox) oder einiger giftiger Pflanzen, die in Südamerika für die Herstellung von Pfeilgiften (Curare) genutzt wurden, zählen zu den peripher wirksamen Muskelrelaxanzien.
Muskelrelaxanzien werden von Ärzten eingesetzt oder sind auf Rezept in einer Apotheke erhältlich.
Wie wirken Muskelrelaxanzien?
Bei einer willentlichen Bewegung sendet das Gehirn ein elektrisches Signal, das bis in die Nervenenden gelangt, die mit den dafür benötigten Muskeln in Verbindung stehen (Motoneurone). Die Verbindungsstelle zwischen Nerv (Neuron) und anderen Zellen wird als Synapse bezeichnet. Sie besteht aus einem präsynaptischen Teil, der aus Sicht der Nervenzelle, die das Signal heranführt, vor dem synaptischen Spalt liegt, einer winzigen Lücke zwischen den beiden Zellen. Am anderen Ende dieser Lücke befindet sich die sich anschließende Zelle, der postsynaptische Teil der Verbindungsstelle.
Das elektrische Signal vom Gehirn sorgt im präsynaptischen Teil dazu, dass der chemische Botenstoff Acetylcholin in den Bereich zwischen Synapse und Muskel (synaptischer Spalt) abgegeben wird. Aus dem elektrischen wird also ein chemisches Signal. Am anderen Ende des Spalts (postsynaptisch) sorgt Acetylcholin wiederum dafür, dass ein elektrisches Signal ausgelöst wird. Dieses löst innerhalb der Muskelzelle Prozesse aus, die dazu führen, dass sich die Muskelfasern zusammenziehen (kontrahieren) und damit die Bewegung auslösen.
Periphere Muskelrelaxanzien greifen in die Signalwege zwischen Nerven und Muskel ein (neuromuskuläre Blocker) oder wirken am Muskel selbst (myotrope Muskelrelaxanzien). Neuromuskuläre Muskelrelaxanzien können beispielsweise beeinflussen, ob im Muskel Kalzium freigesetzt wird, das notwendig ist, damit sich die Muskelfasern zusammenziehen. Neuromuskuläre Blocker beeinflussen die Bindungsstellen für Acetylcholin und verhindern so, dass postsynaptisch ein Signal zur Muskelkontraktion entsteht. Der Effekt hält unterschiedlich lange an. Für einige dieser Wirkstoffe gibt es auch ein Gegenmittel, das die Wirkung aufhebt.
Zentrale Muskelrelaxanzien wirken auf unterschiedliche Weise. Einige von ihnen hemmen die Freisetzung des Botenstoffs Acetylcholin und damit die Reizweiterleitung. Andere verhindern, dass am anderen Ende des synaptischen Spalts wieder ein elektrisches Signal entsteht.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Muskelrelaxanzien eingesetzt?
Muskelrelaxanzien, die zentral wirksam sind, werden zur Behandlung von Spasmen eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine starke, anhaltende Anspannung von Muskulatur, die nicht willentlich herbeigeführt wurde. Sie treten häufig bei Verletzungen des Rückenmarks auf, können aber außerdem angeboren sein. Teilweise kommen die Medikamente auch bei verschiedenen Formen von Epilepsie oder Krankheiten wie Multipler Sklerose zum Einsatz, bei denen ebenfalls schmerzhafte Muskelkrämpfe möglich sind.
Wirkstoffe, die peripher, also am Skelettmuskel wirken, werden in der Medizin im Rahmen der Betäubung (Anästhesie) eingesetzt. So erleichtern sie beispielsweise die Intubation, bei der ein Schlauch zur Beatmung in die Luftröhre einer zu behandelnden Person eingeführt wird. Außerdem lassen sich bestimmte operative Eingriffe bei entspannter Muskulatur leichter durchführen. Gleichzeitig sinkt unter der Anwendung solcher Muskelrelaxanzien der Bedarf der benötigten Narkosemittel.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist die maligne Hyperthermie, die in seltenen Fällen während der Narkose auftreten kann und zu erhöhter Körpertemperatur durch einen entgleisten Stoffwechsel führt. Bei der Einnahme von Medikamenten, die gegen bestimmte Psychosen eingesetzt werden (Neuroleptika), kann es zum malignen neuroleptischen Syndrom kommen, bei dem ebenfalls periphere Muskelrelaxanzien eingesetzt werden.
Welche Nebenwirkungen können bei Muskelrelaxanzien auftreten?
Häufige Nebenwirkungen von Muskelrelaxanzien umfassen unter anderem:
Bei peripher wirksamen Muskelrelaxanzien kommt es zudem unter Umständen zu einem Abfall des Blutdrucks (Hypotonie), Herzrhythmusstörungen und eventuellen Hautrötungen (Erythem).
Die genauen Neben- und Wechselwirkungen hängen vom jeweiligen Wirkstoff ab und sollten individuell mit dem Arzt oder Apotheker besprochen werden.
Veröffentlicht am: 20.03.2025
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- C05AE, M03, M03A, M03AX, M03C
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Die Gelbe Liste Pharmindex Online. Muskelrelaxanzien, https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/muskelrelaxanzien#Nebenwirkungen
[2] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[3] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Muskelrelaxanzien, https://www.pschyrembel.de/Muskelrelaxans/H09QX/doc/
[4] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Malignes neuroleptisches Syndrom, https://www.pschyrembel.de/malignes%20neuroleptisches%20Syndrom/K0M32/doc/
[5] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Maligne Hyperthermie, https://www.pschyrembel.de/maligne%20hyperthermie/K0AC8/doc/
[6] Pharmakologie und Toxikologie – von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie, Springer Medizin Verlag Heidelberg (2012)
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