Prostaglandine - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Prostaglandine sind Gewebshormone, die vielfältige Aufgaben im Körper übernehmen. Sie können Entzündungsreaktionen auslösen, spielen aber auch bei der Auslösung der Wehen eine Rolle. Pharmazie und Medizin nutzen künstlich hergestellte Substanzen aus dieser Wirkstoffklasse in vielen Anwendungsgebieten. Sie werden beispielsweise eingesetzt, um einen Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen, zur Einleitung von Geburten, als Augentropfen gegen erhöhten Augeninnendruck oder um Magengeschwüren vorzubeugen. So breit gefächert wie ihre Wirkungen sind auch mögliche Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Ihr Einsatz erfolgt deshalb nur nach sorgfältiger Diagnosestellung durch den Arzt.
Was sind Prostaglandine?
Prostaglandine sind eine Untergruppe der Eikosanoide. Das sind ungesättigte Fettsäuren, die 20 Kohlenstoff-Atome enthalten. Sie werden im Körper aus Ausgangsstoffen gebildet, die sich in den Zellmembranen befinden und dienen als Gewebshormone mit sehr vielfältigen Aufgaben. Sie spielen unter anderem bei Entzündungsprozessen und Blutgerinnung eine wichtige Rolle. Auch bei der Geburt sind sie beteiligt – so verstärken sie das Zusammenziehen der Gebärmuttermuskulatur während der Wehen.
Bei der Bildung der Prostaglandine spielen bestimmte Enzyme, die Cyclooxygenasen, eine wichtige Rolle. Diese werden durch nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure gehemmt. Dadurch werden weniger Prostaglandine gebildet, was einen Großteil der schmerzstillenden und entzündungshemmenden Wirkung, aber auch die häufigen Nebenwirkungen dieser Medikamente erklärt.
Der Name der Prostaglandine kommt daher, dass ihre ersten Vertreter im Sekret der männlichen Vorsteherdrüse (Prostata) nachgewiesen wurden. Sie sind aber nicht auf dieses Organ beschränkt, sondern finden sich bei allen Geschlechtern und im gesamten Körper.
Wie wirken Prostaglandine?

Die Gruppe der Prostaglandine umfasst mehrere Vertreter, die unterschiedliche Wirkungen entfalten. Teilweise hat ein und dieselbe Substanz auch verschiedene Effekte, abhängig davon, wo im Körper sie sich befindet und an welchen Signalempfänger (Rezeptor) einer Zelle sie bindet.
Wenn die Prostaglandine an einen Rezeptor binden, verändert sich dessen Struktur und er gibt ein Signal ab. Auf diese Botschaft können unterschiedliche Antworten seitens der Zelle folgen, die für die große Anzahl möglicher Wirkungen der Prostaglandine verantwortlich sind.
Zu den wichtigsten Vertretern dieser Wirkstoffgruppe gehören:
- Prostaglandin E2 (PGE2): Löst in Verbindung mit anderen Signalmolekülen Entzündungen und deren Folgen wie Schmerzen und Schwellung sowie Fieber aus und erhält diese aufrecht. Zusätzlich spielt es eine Rolle beim Zusammenziehen der Gebärmuttermuskulatur im Zuge der Wehen und stellt Blutgefäße und Bronchien weit. Daneben hemmt es die Produktion von Magensäure und fördert die Bildung der schützenden Schleimschicht. Es hat also einen schützenden Effekt auf die Magenschleimhaut. Außerdem steigert Prostaglandin E2 die Nierendurchblutung und beeinflusst dort außerdem den Mineralstoffwechsel.

- Prostaglandin D2 (PGD2): Verengt die Bronchien und senkt die Körpertemperatur.
- Prostaglandin F2α (PGF2α): Bringt die glatte Muskulatur dazu, sich zusammenzuziehen, was zu einer Verengung von Bronchien und Blutgefäßen führt.
- Prostaglandin I2 (PGI2, auch Prostacyclin): Beteiligt an Entzündungsprozessen, führt zu erweiterten Blutgefäßen und macht deren Gefäßwände durchlässiger für Flüssigkeit und Immunzellen. Daneben hemmt es die Blutgerinnung. Das steigert die Durchblutung und sorgt unter Umständen für eine Schwellung in entzündeten Regionen.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Prostaglandine eingesetzt?
Die vielfältigen Effekte dieser Gewebshormone machen sich Ärzte und Pharmazeuten auf unterschiedliche Art und Weise zunutze. Sie werden meist in Form industriell hergestellter Prostaglandine (Prostaglandin-Analoga) angewendet, beispielsweise:
- Alprostadil enthält eine künstlich hergestellte Form des Prostaglandins E1, das eine gefäßerweiternde Wirkung hat. Das Arzneimittel wird zur Behandlung von Erektionsstörungen (Erektile Dysfunktion) in den Schwellkörper gespritzt oder über die Vene verabreicht. Ärzte setzen es außerdem gegen schwere Formen der arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ein oder bei bestimmten angeborenen Herzfehlern, bis eine Operation stattfinden kann.
- Dinoproston, Sulproston und Misoprostol beschleunigen die Öffnung des Muttermunds und bringen die Gebärmuttermuskulatur dazu, sich anzuspannen. Deshalb werden die Wirkstoffe angewendet, um während einer frühen Schwangerschaft einen Abort herbeizuführen oder um den Geburtsvorgang zu erleichtern. Nach einer Entbindung können sie eingesetzt werden, um eine Nachblutung zu verhindern, die durch eine zu schwache Kontraktion der Muskulatur während des Geburtsvorgangs bedingt ist (atonische Uterusblutung). Misoprostol wird außerdem angewendet, um Magengeschwüren (Ulcus ventriculi) während längerer Behandlung mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) vorzubeugen.
- Latanoprost, Travoprost und Bimatoprost werden als Augentropfen eingesetzt, um einen erhöhten Augeninnendruck zu reduzieren. Dies ist beispielsweise für die Behandlung eines grünen Stars (Glaukom) von Bedeutung.
- Iloprost, Epoprostenol und Treprostinil werden zum Beispiel gegen bestimmte Formen von Durchblutungsstörungen durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) und möglicherweise daraus folgenden Komplikationen eingesetzt. Das ist vor allem der Fall, wenn der Einsatz anderer Medikamente wie Heparin nicht möglich ist. Außerdem werden sie gegen einen erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf (pulmonale Hypertonie) angewendet.
Nicht eingenommen werden sollten Prostaglandin-Analoga bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile des jeweiligen Medikaments.
Welche Nebenwirkungen können bei der Behandlung mit Prostaglandinen auftreten?
Häufige Nebenwirkungen bei der Einnahme von Prostaglandinen sind:
- Heftige Schmerzen im Unterbauch
- Übelkeit
- Durchfall
- Kopfschmerzen
- Schmerzen an der Injektionsstelle
- Bei der Behandlung der erektilen Dysfunktion kann es zu einer schmerzhaften Dauererektion des Penis (Priapismus) kommen
- Misoprostol wird angewendet, um bei Schwangerschaften jenseits der 36. Woche eine baldige Geburt zu erreichen. Es kann allerdings zu einer sehr hohen Wehenfrequenz führen (exzessive uterine Tachysystole), die dann mit anderen Medikamenten behandelt werden muss.
Wenn Prostaglandine im Rahmen der Geburtshilfe eingesetzt werden, kann sich dies auf unterschiedliche Weise auf den Geburtsvorgang auswirken. Teilweise beeinflussen sie aber auch den Körper der Mutter oder des ungeborenen Kindes. Unter anderem sind Kontraktionen oder Blutungen der Gebärmutter sowie Änderungen der Herzfrequenz des Fötus möglich. Deshalb sollten diese Wirkstoffe im Rahmen der Geburt nur nach sorgfältiger Abwägung durch den behandelnden Arzt eingesetzt werden.
Bei der Anwendung Prostaglandin-haltiger Augentropfen sind folgende Nebenwirkungen möglich:
- Verstärktes Wachstum der Augenwimpern
- Hornhautschäden
- Schwellung durch Flüssigkeitsansammlung (Ödem) am Augenlid
- Wärme- oder Fremdkörpergefühl sowie Schmerzen am Auge
- Lidrand-Entzündung
- Veränderung der Irisfarbe
Gibt es Wechselwirkungen bei der Anwendung von Prostaglandinen?
- Prostaglandine können die Wirkung des körpereigenen Hormons erhöhen, das die Wehen auslöst (Oxytocin). Oxytocin wird ebenfalls verabreicht, um die Geburt zu erleichtern. Die gleichzeitige Anwendung wird nicht empfohlen und sollte nur nach sorgfältiger Abwägung durch den behandelnden Arzt erfolgen.
- Die abtreibende (abortive) Wirkung der Prostaglandine wird durch Mifepriston erhöht.
Wenn zwei Prostaglandin-Analoga gleichzeitig eingenommen werden, kann das paradoxerweise zu einer Erhöhung des Augeninnendrucks führen. Deshalb wird diese Kombination nicht empfohlen. Bei der Anwendung mehrerer Augenmedikamente zur gleichen Zeit sollte immer ein gewisser Abstand zwischen den einzelnen Präparaten eingehalten werden. So lässt sich vermeiden, dass sie sich gegenseitig beeinflussen.
Vollständige Informationen zu Gegenanzeigen, Neben- und Wechselwirkungen der jeweiligen Medikamente können bei Arzt oder Apotheker erfragt beziehungsweise dem Beipackzettel entnommen werden.
Veröffentlicht am: 15.04.2025
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- A02BB, C01EA, C04AG, G02AD
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Die Rote Liste. Angusta 25 Mikrogramm Tabletten. https://www.rote-liste.de/suche/praep/27583-0/Angusta%2025%20Mikrogramm%20Tabletten
[2] Die Rote Liste. Minprostin E2 Vaginaltabletten. https://www.rote-liste.de/suche/praep/8022-0/MINPROSTIN%C2%AE%20E2%20Vaginaltabletten
[3] Die Rote Liste. Veletri 0,5 mg/-1,5 mg Pulver zur Herstellung einer Infektionslösung. https://www.rote-liste.de/suche/praep/26721-0/VELETRI%C2%AE%200%2C5%20mg%2F-1%2C5%20mg%20Pulver%20zur%20Herstellung%20einer%20Infusionsl%C3%B6sung
[4] Gelbe Liste Pharmindex online. Latanoprost. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Latanoprost_26889#Nebenwirkungen
[5] Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie. 9. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2014)
[6] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[7] Pharmakologie und Toxikologie – von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie, Springer Medizin Verlag Heidelberg (2012)
[8] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Prostaglandine (PG). https://www.pschyrembel.de/Prostaglandin/K0HTJ/doc/
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