Psychopharmaka - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Psychopharmaka wirken auf die Psyche (Geist) des Menschen und werden für psychische Störungen oder Auffälligkeiten der Nerven angewendet. Unter die Gruppe der Psychopharmaka fallen alle Wirkstoffe, die auf die Psyche wirken. Sie werden aufgrund ihrer Wirkung in folgende Gruppen aufgeteilt:
- Antidepressiva zur Behandlung von Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen, chronischen Schmerzen
- Neuroleptika zur Behandlung von Psychosen
- Alkoholentwöhnungsmittel zur Behandlung der Alkoholkrankheit
- Anxiolytika und Hypnotika zur Behandlung von Unruhe, Angst und Schlafstörungen
- Stimmungsstabilisatoren zur Behandlung manisch-depressiver Erkrankungen
- Antidementiva zur Linderung einer Demenz
Psychopharmaka haben eine symptomatische Wirkung. Die Ursachen der Erkrankungen können damit nicht behandelt werden. Sie werden immer in Kombination mit zum Beispiel einer Psychotherapie verwendet. Das bedeutet, diese Medikamente beseitigen die Erkrankung nicht, können aber Symptome lindern oder beseitigen und die Lebensqualität verbessern.
Unerwünschte Wirkungen sind etwa Gewichtszunahme, Schläfrigkeit oder Herz-Kreislauf-Probleme.
Was ist ein Psychopharmakon?
Ein Psychopharmakon beeinflusst das Gefühlsleben, indem es auf die Funktionen im zentralen Nervensystem einwirkt. Der Begriff Psychopharmakon entstammt dem Altgriechischen und bedeutet „Arzneimittel der Seele“. Daher verschreiben Ärzte diese Medikamente zur Behandlung von Symptomen, die im Rahmen von psychischen Störungen oder neurologischen Auffälligkeiten auftreten.
Wie wirken Psychopharmaka?
Anhand der verschiedenen Wirkweisen unterscheiden Mediziner unterschiedliche Gruppen von Psychopharmaka. Einige Beispiele sind:
- Antidepressiva
- Neuroleptika (Antipsychotika)
- Anxiolytika
- Stimmungsstabilisierer
- Hypnotika
- Entzugs- oder Entwöhnungsmittel
- Antidementiva
Ein Antidepressivum beeinflusst wie das Gehirn Botenstoffe, wie Noradrenalin oder Serotonin, aufnimmt. Als eine mögliche Ursache depressiver Erkrankungen wird eine zu geringe Konzentration von Botenstoffen im Nervensystem vermutet. Diese sorgen dafür, dass Signale und Impulse zwischen den Nervenzellen übertragen werden. Antidepressiva sorgen auf verschiedenen Wegen dafür, dass die Konzentration dieser Botenstoffe wieder zunimmt und sich dadurch die Symptome der Depression bessern.
Die sogenannten trizyklischen Antidepressiva, zu denen die nicht selektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer gehören, verhindern beispielsweise, dass die von der Nervenzelle ausgeschütteten Botenstoffe wie Noradrenalin und Serotonin von der Ursprungszelle wiederaufgenommen werden und so die Konzentration abnimmt.
Zu den Antipsychotika (Neuroleptika) zählen Substanzen wie Haloperidol oder Risperidon. Sie wirken dämpfend auf aggressive, gereizte oder auch psychotische Zustände.
Anxiolytika oder Tranquilizer sind in der Lage Angst- und Spannungszustände zu lösen. Zu diesen zählen Wirkstoffe wie Apipramol, Lorazepam, Diazepam oder Oxazepam.
Stimmungsstabilisierer kommen bei depressiven und manischen Erkrankungen zum Einsatz. Wirkstoffbeispiele sind Lithium, Lamotrigin, Valproat und Olanzapin.
Die Medikamentengruppe der Hypnotika beinhaltet alle Medikamente, welche schlaffördernd wirken. Hypnotika lassen sich in Benzodiazepine, Z-Substanzen, Melatonin und andere Gruppen unterscheiden. Diazepam zählt zu den Benzodiazepinen und verstärkt die hemmende Wirkung des Botenstoffs Gamma-Amino-Buttersäure (GABA). Dadurch wirken Benzodiazepine angstlösend, beruhigend (sedativ), muskelentspannend und krampflösend.
Wie und für welche Beschwerden werden Psychopharmaka angewendet?

Eingesetzt werden Psychopharmaka für die folgenden Erkrankungen:
- Depressionen
- Angst- und Panikstörungen
- Schlafstörungen
- Chronische Schmerzen
- Demenzen
Wichtig: In allen Fällen gehen ein ärztliches Gespräch und eine Untersuchung dem Einsatz von Psychopharmaka voraus. Wie gut ein Psychopharmakon bei einer speziellen Erkrankung hilft, ist unterschiedlich und auch nicht immer vorhersehbar.
Antidepressiva setzten Ärzte vor allem bei Angst- und Panikstörungen, Zwangsstörungen, Depressionen, zur Stimmungsaufhellung sowie Schlafstörungen ein.
Die Dosierung erfolgt einschleichend, was bedeutet, dass zunächst mit einer geringen Dosis gestartet wird. Die übliche Dosierung für beispielsweise Citalopram beträgt täglich 20mg. Sie kann auf maximal 40 mg pro Tag gesteigert werden. Eine Verbesserung der Symptome tritt in der Regel nach 2-4 Wochen ein. Ihr Arzt wird regelmäßig die Wirkung und unerwünschte Wirkungen prüfen und gegebenenfalls eine Dosisanpassung vornehmen.
Man unterscheidet beruhigende und aktivierende Antidepressiva. Zudem weisen die Wirkstoffe verschiedenen Nebenwirkungen auf.
Mediziner berücksichtigen Begleiterkrankungen sowie die allgemeine Lebenssituation und wählen dann das passende Antidepressivum individuell aus. Ist eine Wirkung nicht ausreichend oder es entstehen zu starke Nebenwirkungen, ist es möglich, auch während der Therapie das Präparat zu wechseln.
Achtung:
Bitte das Medikament nicht eigenmächtig absetzen.
Wie lange das Medikament angewendet werden muss, wird der Arzt mit Ihnen entscheiden.
Hypnotika, wie zum Beispiel Zopiclon, werden besonders zur Behandlung von Schlafstörungen verwendet. Benzodiazepine werden zur Narkoseeinleitungen vor Operationen, Schlafstörungen, Panikattacken und bei Angst- und Spannungssituationen eingesetzt.
Erregungszustände sowie Angst- und Panikstörungen sind Gründe für die Einnahme von Anxiolytika. Aber auch in akuten Situationen während eines Herzinfarkts verabreichen Mediziner diese Angstmedikamente, um die Patienten zu beruhigen und die Angst zu lösen.
Antipsychotika werden vor allem zur Behandlung von psychotischen Zuständen, Schizophrenien und Erregungszuständen angewendet.
Psychopharmaka können als Tablette eingenommen werden – in der Regel reicht eine Einnahme täglich aus. Der Arzt kann das Medikament allerdings auch als Lösung in die Vene oder in den Muskel verabreichen.
Welche Art und wie hoch die Dosis des jeweiligen Psychopharmakons ist, hängt unter anderem von den körperlichen Voraussetzungen, wie Größe und Gewicht, aber auch von den Begleiterkrankungen ab.
Reicht die täglich verordnete Dosis nicht aus oder treten die Symptome nur zeitweise auf, ist auch eine Einnahme bei Bedarf ist möglich. Dies ist zum Beispiel bei Panikstörungen oder auch Schlafstörungen der Fall. Letztendlich ist der Rhythmus der Einnahme und auch die Dosierung individuell und erfordern regelmäßige Rücksprache mit dem Arzt, um die bestmögliche Behandlung zu erhalten.
Einige Antidepressiva und Antipsychotika benötigen regelmäßige Kontrollen der Wirkspiegel im Blut durch den Arzt. Für diese Wirkstoffe ist es wichtig, dass genaue Wirkstoffkonzentrationen eingehalten werden. Diese Kontrollen stellen eine optimale Wirkung sicher. Zudem lassen sich so unerwünschte Nebenwirkungen durch zu hohe Konzentrationen minimieren.
Eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen, mit Psychopharmaka, ist möglich, wenn folgende Erkrankungen vorliegen:
- Psychotische Störungen wie schizophrene oder bipolare Störungen
- Depressive Erkrankungen
- Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS)
- Zwangsstörungen
- Selbst- oder Fremdgefährdung
Ein Antidepressivum, dass Ärzte für Kinder nach dem 8. Lebensjahr verschreiben können, ist beispielsweise Fluoxetin.
Welche Nebenwirkungen können durch Psychopharmaka auftreten?
Werden Psychopharmaka eingenommen, sind Nebenwirkungen möglich. Die wichtigsten Beispiele sind:
- Gewichtszunahme, Appetitverlust
- Magen-Darm-Probleme, wie Verstopfung, Übelkeit
- Sedierung, schläfriger Zustand, Müdigkeit, Benommenheit
- Mundtrockenheit
- Störungen des sexuellen Interesses oder der sexuellen Erregung
- Herz-Kreislauf-Probleme, Herzrhythmusstörungen
- Sturzrisiko, Bewegungsstörungen, Zittern, Muskelschwäche
- Blickkrämpfe
- Einschränkung des Reaktionsvermögens, Konzentrationsstörungen
Psychopharmaka können zu einer körperlichen und geistigen Abhängigkeit führen. Hierzu zählen beispielsweise Tranquilizer, Hypnotika und Psychostimulanzien. Antipsychotika, Antidepressiva und Lithium beinhalten diese unerwünschten Wirkungen nicht.
Gibt es Wechselwirkungen mit Psychopharmaka?
Alkohol zeigt auf die Wirkung von Psychopharmaka potenzierende Effekte. Das heißt, eine gleichzeitige Einnahme wird die Wirkung eines Antidepressivums deutlich verstärken. Aber auch die Effekte des Alkohols werden verstärkt wahrgenommen. Als Folge entsteht eine zentrale Dämpfung, was bedeutet, dass die Aufmerksamkeit und auch das Reaktionsvermögen nachlassen.
Während einer Behandlung mit Lithium ist es wichtig, über den Tag verteilt ausreichend Wasser zu trinken, um eine Lithium-Vergiftung zu vermeiden. Diese äußert sich dann beipielsweise in Symptomen wie Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, unklare Sprache bis hin zu komatösen Zuständen.
Allgemeine Hinweise:
- Während der Behandlung mit Psychopharmaka sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig. Dazu zählen unter anderem Blutbild-, Herzfunktion-, und Gewichtskontrollen.
- Selbsthilfegruppen oder Gesprächsgruppen können unterstützen.
- Achten Sie auf die genaue Einnahme der Medikamente und informieren Sie Ihren Arzt, wenn die Wirkung nachlässt oder vermehrte unerwünschte Wirkungen auftreten.
Veröffentlicht am: 06.05.2024
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Quellen
Graefe K.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2016
Herdegen T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2013
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Gehrisch, J. „Leitliniengerechte Pharmakotherapie der Depression“, 2018, 8.
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Khawam, E. et al: Side Effects of Antidepressants: An Overview. Cleveland Clinic Journal of Medicine 73, Nr. 4 (April 2006): 351–53, 356–61
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