Virostatika - Definition, Wirkung Anwendungsgebiete

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Zusammenfassung
Virostatika sind Medikamente, die bei Krankheiten zum Einsatz kommen, die von Viren hervorgerufen werden, beispielsweise Herpes, Grippe oder HIV. Sie setzen an unterschiedlichen, kritischen Stellen der Virusvermehrung an. Teilweise werden mehrere Virostatika gleichzeitig eingesetzt, um mehrere dieser Ansatzpunkte zu kombinieren. Entsprechend der Vielzahl unterschiedlicher Medikamente sind auch die möglichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sehr vielfältig, aber sehr stark vom jeweiligen Wirkstoff abhängig.
Was sind Virostatika?
Der Begriff Virostatika fasst viele – teils sehr unterschiedliche – Medikamente zusammen, die die Vermehrung von Viren hemmen (inhibieren). Deshalb werden sie eingesetzt, um Krankheiten zu bekämpfen, die von diesen Krankheitserregern ausgelöst werden. Beispiele solcher Erkrankungen beim Menschen sind Herpes-simplex, HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) und Hepatitis A, B oder C.
Virostatika greifen an unterschiedlichen Stellen des Virus oder der menschlichen Zellen an und verhindern dadurch, dass sich die Viren vermehren. Je nach Wirkmechanismus lassen sie sich in unterschiedliche Klassen einteilen.
Viren unterscheiden sich teilweise sehr deutlich voneinander und viele von ihnen sind äußerst wandlungsfähig. Deshalb ist es meist sehr aufwändig, entsprechende Medikamente zu entwickeln. Außerdem gibt es keine Wirkstoffe, die gleichzeitig gegen mehrere Virenarten wirksam sind, wie es bei Antibiotika gegen Bakterien der Fall ist. Ein Virostatikum wirkt in der Regel nur gegen ganz bestimmte Viren beziehungsweise die Krankheit, die durch sie verursacht wird.
Wie wirken Virostatika?

Viren sind einfach aufgebaut: Im Inneren befinden sich die Erbinformationen (Gene) in Form von Nukleinsäuren. Sie liegen entweder als Ribonukleinsäure (RNS, engl. RNA) oder Desoxyribonukleinsäure (DNS, engl. DNA) vor. Die Viren werden entsprechend in RNA- und DNA-Viren eingeteilt. Die Nukleinsäuren sind von einer Hülle umgeben, das als Kapsid bezeichnet wird. Bei einigen Viren wird dieses zusätzlich von einer Hülle aus Fetten und eingelagerten Proteinen umgeben.
Weil Viren nicht in der Lage sind, sich selbst zu vermehren, sind sie darauf angewiesen, Zellen von Lebewesen wie Pflanzen, Tieren, Menschen, Pilzen oder Bakterien zu infizieren. Dadurch erhalten sie Zugang zu den nötigen Ressourcen, um sich fortzupflanzen (zu replizieren).
Dazu bindet sich das Virus zunächst an eine Wirtszelle und schleust die Erbinformation ein. Anschließend wird diese in das Wirtsgenom eingebaut. Daraufhin beginnt die Zelle, die Virus-DNS/RNS zu vervielfältigen. Außerdem stellt sie Eiweiße her, die für ein neues Viruspartikel notwendig sind. Schließlich setzt die Wirtszelle auch Erbinformation und Eiweiße zusammen, um neue Viruspartikel zu bilden. Diese verlassen die Wirtszelle, um neue Zellen zu infizieren.
Virostatika beeinträchtigen die Vermehrung von Viren in unterschiedlichsten Stadien der Infektion, indem sie einzelne dieser Schritte unterbrechen oder unterbinden. Je nach Ansatzpunkt werden verschiedene Typen von Virostatika unterschieden:
- Entry-Inhibitoren verhindern, dass Viren sich an die Zelle anheften können. Damit verhindern sie auch alle weiteren Schritte der Virus-Replikation.
- Uncoating-Inhibitoren: Diese Virostatika hindern die Viren daran, ihre Erbinformation in der Zelle freizusetzen.
- Inhibitoren von Enzymen zur Nukleinsäure-Herstellung: Dies sind Wirkstoffe, die die Herstellung und Vermehrung der viralen DNS/RNS erschweren. Dabei wird meist die Aktivität von Enzymen gehemmt, die für die entsprechenden Prozesse entscheidend sind. Wichtige Beispiele solcher Enzyme sind Polymerasen oder reverse Transkriptasen.
- Integrase-Inhibitoren behindern den Einbau der viralen Erbinformation in das Wirts-Genom (die Gesamtheit der Erbinformationen einer Zelle).
- Protease-Inhibitoren stören die Herstellung von Eiweißen und Enzymen, die für die Bildung neuer Viruspartikel entscheidend sind.
- Neuraminidase-Inhibitoren verhindern bei bestimmten Viren, dass sie nach ihrer Entstehung aus der Wirtszelle freigesetzt werden können. Somit können sie keine weiteren Zellen infizieren.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Virostatika angewendet?
Viren sind die Erreger zahlreicher, mitunter lebensbedrohlicher Erkrankungen. Darunter finden sich viele Formen der Erkältung, Grippe, Covid-19, HIV oder Ebola. Gegen einige dieser Erkrankungen gibt es wirksame Impfungen, bei anderen stehen Virostatika zur Verfügung. Beispiele für solche Erkrankungen und deren Behandlung sind:
- Herpes Viren wie Herpes-Simplex (Lippenbläschen, Genitalherpes), Varizella-Zoster-Virus (z. B. Gürtelrose): Hier kommen vorwiegend Wirkstoffe zum Einsatz, die die Geschwindigkeit verringern, mit der das Virus seine Nukleinsäuren vermehrt. Beispiele sind unter anderem Aciclovir oder Foscarnet. Je nach Wirkstoff werden sie oral als Tablette eingenommen oder per Injektion verabreicht. Teilweise stehen auch Cremes zur Verfügung, die auf der Haut oder Schleimhaut angewendet werden können.
- Hepadnaviren (wie Hepatitis B): Medikamente gegen diese Viren hemmen die Vermehrung der Erbinformation der Viren. Gegen Hepadnaviren werden beispielsweise Lamivudin oder Tenofovir angewendet. Sie werden in Tablettenform eingenommen oder als Granulat angeboten.
- Flaviviren (beispielsweise Hepatitis C): Zur Behandlung stehen hier Polymerase-Inhibitoren zur Verfügung. Durch diese wird die Vermehrung der viralen Nukleinsäuren behindert (beispielsweise durch den Wirkstoff Sofosbuvir). Außerdem gibt es Protease-Inhibitoren, die verhindern, dass wichtige Viruseiweiße gebildet werden (zum Beispiel Glecaprevir). Diese Medikamente werden in Tablettenform oder als Granulat angeboten.
- Orthomyxoviren (z. B. Echte Grippe, Vogelgrippe, Schweinegrippe): Zur Behandlung dieser viralen Erkrankungen gibt es Neuraminidase-Hemmer. Sie verhindern, dass neu gebildete Viren freigesetzt werden, um andere Zellen zu infizieren. Beispiele sind Oseltamivir und Zanamivir. Oseltamivir steht in Kapsel- oder Pulverform zur Verfügung. Dagegen muss Zanamivir per Infusion oder mit Hilfe eines Inhalators eingenommen werden, da es auf oralem Weg nur unzureichend aufgenommen wird. Außerdem gibt es Wirkstoffe, die das Uncoating behindern, beispielsweise Amantadin oder Rimantadin. Amantadin wird in Tablettenform und als Infusionslösung angeboten. Rimantadin ist in Deutschland derzeit nicht zugelassen.
- Retroviren (beispielsweise HIV/AIDS): Hier werden verschiedenste Angriffspunkte der Virusreplikation genutzt. Zum Beispiel gibt es Entry-Inhibitoren (wie Maraviroc) oder Inhibitoren der Nukleinsäure-Herstellung (Reverse-Transkriptase-Inhibitoren wie Lamivudin, Tenofovir, Etravirin etc.). Außerdem stehen Integrase-Inhibitoren zur Verfügung, die den Einbau in das Wirts-Genom behindern, beispielsweise Raltegravir oder Elvitegravir. Auch Protease-Inhibitoren wie Atazanavir oder Lopinavir werden eingesetzt. Die meisten dieser Virostatika können oral eingenommen werden, einige müssen jedoch per Injektion oder Infusion verabreicht werden.
- SARS CoVid-19: In den ersten fünf Tagen nach Beginn der Symptome können bei Risikopatienten die Protease-Hemmer Nirmatrelvir und/oder Ritonavir eingesetzt werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Remdesivir bei Risikopatienten anzuwenden. Es hemmt die Herstellung und Vervielfältigung der Virus-RNA. Remdesivir sollte Patienten, die mit Hilfe eines Beatmungsschlauches beatmet werden müssen, nicht verabreicht werden.
Aktuell jedoch gibt es keine ausdrückliche Empfehlung, diese Wirkstoffe einzusetzen.
Bei einigen Erkrankungen werden unterschiedliche Virostatika-Klassen kombiniert und die Virusreplikation damit an unterschiedlichen Stellen gestört (zum Beispiel bei HIV oder Hepatitis C). Dennoch sind Viren häufig in der Lage, sich anzupassen. Dadurch werden sie widerstandsfähig (resistent) gegenüber des Virostatikums und entgehen so im Laufe der Zeit der Wirkung der Medikamente.
Unter bestimmten Bedingungen sollten Virostatika nicht eingenommen werden (Kontraindikationen). Viele eignen sich nicht zur Behandlung während der Schwangerschaft oder bei schweren Nieren- oder Lebererkrankungen. Mit Ausnahme zur Behandlung von Lippenherpes sind Virostatika verschreibungspflichtig, daher wägt der Arzt bei jedem Patienten ab, ob und welches Virostatikum zur Behandlung infrage kommt.
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Welche Nebenwirkungen können bei Virostatika auftreten?
Häufige Nebenwirkungen nach der Einnahme von Virostatika sind Durchfall und Erbrechen. Teilweise zeigen sich auch Blutbildveränderungen (Veränderung der Anzahl roter und weißer Blutkörperchen) oder neurologische Beschwerden. Einige Wirkstoffe schädigen das Kind im Mutterleib und führen beispielsweise zu Missbildungen (Teratogene). Andere begünstigen die Entstehung von Krebs, sind also kanzerogen. Bestimmte Wirkstoffe schädigen auch wichtige Organe wie Leber oder Niere. Über die möglichen
Nebenwirkungen bei den verschiedenen Virostatika klären in der Regel Arzt und Apotheker auf. Zudem enthält der Beipackzettel alle wichtigen Informationen.
Gibt es Wechselwirkungen bei Virostatika?
Viele Virostatika treten mit anderen Medikamenten in Wechselwirkung. Welche dies genau sind, hängt vom jeweiligen Wirkstoff ab, sie werden in der Regel vom verschreibenden Arzt und dem Apotheker mitgeteilt. Zudem sind diese auch dem Beipackzettel des Medikamentes zu entnehmen.
Veröffentlicht am: 16.07.2024
Quellen
[1] Kausar, Shamaila et al.: A review: Mechanism of action of antiviral drugs (2021) in: Journal of Immunopathology and Pharmacology; 35: 1-12; https://doi.org/10.1177/20587384211002621
[2] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage, Seite 1052-1088. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[3] Robert-Koch-Institut (RKI) Ratgeber: “Hepatitis C” unter: www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HepatitisC.html, Stand: Januar 2018.
[4] Die rote Liste unter www.rote-liste.de
[5] Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DGIIN): „Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit Covid-19. Kurzversion medikamentöse Therapie“ unter www.awmf.org, Stand: 09/2022.
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