Rivaroxaban – Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Rivaroxaban ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Gerinnungshemmer (Antikoagulantien). Es blockiert den Faktor Xa der Blutgerinnung und beugt somit der Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) vor oder löst sie sogar auf. Entsprechend wird es bei Patienten eingesetzt, bei denen eine erhöhte Gefahr besteht, dass sich solche Gerinnsel bilden. Die häufigste Nebenwirkung ist eine erhöhte Blutungsneigung. Der Wirkstoff sollte nicht zusammen mit anderen Gerinnungshemmern eingesetzt werden. Die Einnahme von Rivaroxaban ist daher immer ärztlich abzuklären, da es mitunter auch Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten und teilweise sogar Nahrungsmitteln eingeht.
Was ist Rivaroxaban?
Rivaroxaban ist ein direktes orales Antikoagulans. Das bedeutet, dass es über den Mund eingenommen wird und die Blutgerinnung hemmt. Es handelt sich um eine vergleichsweise junge Gruppe von Medikamenten, zu denen beispielsweise auch Apixaban gehört.
Wenn die Blutgerinnung verstärkt abläuft, können sich Blutgerinnsel (Thromben) entwickeln. Es besteht dann die Gefahr, dass diese Blutgerinnsel Blutgefäße verstopfen. Das führt unter Umständen dazu, dass Organe, die durch diese Gefäße mit Blut versorgt werden, Schaden nehmen. Wenn jedoch die Gerinnung gehemmt ist, kann das bereits bei kleinsten Verletzungen verstärkte Blutungen und damit unter Umständen eine Blutarmut (Anämie) zur Folge haben. Deshalb ist stets Vorsicht geboten, wenn mithilfe von Medikamenten wie Antikoagulantien (also Medikamenten, welche die Blutgerinnung hemmen) Einfluss auf das von Natur aus stark regulierte System der Blutgerinnung genommen wird.
Wie wirkt Rivaroxaban?
Bei der Blutgerinnung setzen sich zunächst spezielle Blutzellen in der Nähe der Verletzung an die Wand der Wunde ab. Diese Zellen werden als Blutplättchen (Thrombozyten) bezeichnet und signalisieren anderen Vertretern ihrer Art, sich mit ihnen zu verbinden. So entsteht an der geschädigten Stelle eine Art Pfropf aus diesen Zellen, der das Blutgefäß verschließt. Dadurch wird außerdem eine komplexe Reaktionskette aus mehreren Schritten in Gang gesetzt, die Experten als Gerinnungskaskade bezeichnen. Am Ende dieser Kaskade bilden sich Eiweißfäden aus Fibrin, welche die Blutplättchen verkleben. So entsteht ein dauerhafter Wundverschluss.
Bei der Gerinnungskaskade spielen zahlreiche unterschiedliche Substanzen eine Rolle. Diese werden als Gerinnungsfaktoren bezeichnet und sind von eins bis 13 durchnummeriert (römisch I-XIII, VI existiert allerdings nach bisherigen Erkenntnissen nicht). Der Faktor zehn oder „X“ ist ein Enzym, das für einen der letzten Schritte der Fibrinbildung entscheidend ist. Die dafür aktivierte Form bezeichnen Experten als „Xa“. Rivaroxaban bindet an diesen Faktor Xa und blockiert ihn. So wird die Bildung von Fibrin unterbunden, was der Entstehung von Blutgerinnseln vorbeugt.
Ein Molekül Rivaroxaban bindet ein Molekül des Enzyms Xa. Deshalb ist die Dosierung so wichtig. Wenn alle Xa-Enzyme durch Rivaroxaban blockiert werden, findet keine Blutgerinnung mehr statt. Dann kommt es vermehrt zu Blutungen, was auch die häufigste Nebenwirkung des Medikamentes ist.
Wie und bei welchen Beschwerden wird Rivaroxaban eingesetzt?
Der Wirkstoff wird eingesetzt, um Blutgerinnseln (Thromben) und daraus folgenden Verstopfungen von Blutgefäßen (Embolien) vorzubeugen oder sie zu behandeln. Dabei findet dieser Gerinnungshemmer insbesondere nach orthopädischen Eingriffen der unteren Gliedmaßen Anwendung, zum Beispiel nach Operationen an Hüfte oder Knie. Auch wenn die Gefahr besteht, dass sich Lungenembolien entwickeln oder wenn eine solche bereits vorliegt, ist Rivaroxaban ein Medikament der Wahl. Daneben kommt es zum Einsatz, um Schlaganfällen bei Menschen mit Vorhofflimmern vorzubeugen.
Teilweise wird der Wirkstoff auch mit anderen Medikamenten wie Acetylsalicylsäure (ASS) kombiniert und dient dann dazu, Thromboembolien (also Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel, die andernorts entstanden sind und dann abgeschwemmt wurden) bei folgenden Erkrankungen vorzubeugen:
- Koronare Herzerkrankung, also einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels. Diese entsteht, wenn die Blutgefäße, die ihn versorgen (Koronargefäße) nicht mehr genug Blut führen. Meist geschieht dies, wenn etwas die Gefäße verengt, was beispielsweise durch eine Arteriosklerose passiert.
- Akutes Koronarsyndrom, teils lebensbedrohliche Krankheitsbilder, die meist die Folge einer koronaren Herzerkrankung sind.
Rivaroxaban ist als Pulver zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen erhältlich sowie in Tablettenform.
Um Blutgerinnungsstörungen vorzubeugen, werden in der Regel 10 bis 20 Milligramm einmal täglich eingenommen. In Kombination mit Acetylsalicylsäure ist die empfohlene Menge mit 2,5 bis 15 Milligramm geringer, soll aber zweimal täglich eingenommen werden. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist die Dosierung vom Gewicht abhängig und wird deshalb im Idealfall mit dem Arzt abgesprochen.
Welche Nebenwirkungen können bei Rivaroxaban auftreten?
Wichtigste Nebenwirkungen von Rivaroxaban sind spontaneBlutungen, zum Beispiel am Zahnfleisch sowie den Bindehäuten im Auge oder Blut im Urin.
Außerdem kommt es unter Umständen zu:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Störungen des Magen-Darmsystems in Form von Übelkeit, Verstopfung, Erbrechen oder Durchfall
- Leberfunktionsstörungen (Anstieg einiger Leberenzyme)
- Juckreiz
- Störung der Nierenfunktion.
Gibt es Wechselwirkungen bei Rivaroxaban?
Andere Gerinnungshemmer wie Thrombozytenaggregationshemmer (z.B. Acetylsalicylsäure) erhöhen im Zusammenspiel mit Rivaroxaban die Blutungsneigung noch einmal deutlich.
Beim Abbau von Rivaroxaban spielen Enzyme des Typs 3A4 der Cytochrom P450 Familie eine entscheidende Rolle. Cytochrom P450 ist ein Dreh- und Angelpunkt im Stoffwechsel einer Vielzahl von Verbindungen im Körper. Daneben gibt es viele Arzneimittel, welche die Aktivität dieser Enzyme beeinflussen:
Wenn der Wirkstoff das Enzym hemmt, sprechen Wissenschaftler von Cytochrom P450-3A4-Inhibitoren. Sie verzögern den Abbau und verstärken somit die Wirkung von Rivaroxaban. Beispiele hierfür sind unter anderem das immununterdrückende Medikament Ciclosporin, aber auch Antibiotika wie Erythromycin oder Mittel gegen Pilzinfektionen, beispielsweise Fluconazol. Außerdem fallen auch Substanzen aus Lebensmitteln darunter, zum Beispiel Grapefruitsaft.
Arzneimittel, welche die Enzymaktivität erhöhen, werden Induktoren genannt. Sie sorgen dafür, dass das Blutgerinnungsmittel schneller abgebaut wird und reduzieren somit seine Wirksamkeit. Hierzu gehören zum Beispiel Wirkstoffe gegen Epilepsie wie Phenobarbital oder Carbamazepin, aber auch Medikamente gegen Infektionen mit Viren (Virostatika) wie Etravirin oder Johanniskrautextrakt, das beruhigend auf die Psyche wirken soll.
Gegenanzeigen, Neben- und Wechselwirkungen sind vom jeweiligen Präparat und dem individuellen Fall abhängig. Insbesondere wegen der unüberschaubaren Zahl möglicher Arzneimittelwirkungen ist es wichtig, sich vor der Anwendung von Rivaroxaban intensiv mit der Packungsbeilage auseinanderzusetzen und/oder den Arzt beziehungsweise Apotheker zurate zu ziehen.
Veröffentlicht am: 04.02.2025
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- B01AF01
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Die rote Liste. Xarelto 10 mg Filmtabletten. Stand 10/2022, unter: https://www.rote-liste.de/suche/praep/22102-0/Xarelto%C2%AE%2010%C2%A0mg%20Filmtabletten
[2] Die rote Liste. Xarelto 1mg/ml Granulat. Stand 10/2022, unter: https://www.rote-liste.de/suche/praep/27470-0/Xarelto%C2%AE%201%20mg%2Fml%20Granulat%20zur%20Herstellung%20einer%20Suspension%20zum%20Einnehmen
[3] Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie. 9. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2014)
[4] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[5] Pharmakologie und Toxikologie – von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie, Springer Medizin Verlag Heidelberg (2012)
[6] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Koronare Herzkrankheit. Stand 09/2021, unter: https://www.pschyrembel.de/Koronare%20Herzkrankheit/K09QJ
[7] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Rivaroxaban. Stand 06/2020, unter: https://www.pschyrembel.de/Rivaroxaban/K0RM8
[8] U.S. Food and Drug Administration (FDA). Drug Development and Drug Interactions - Table of Substrates, Inhibitors and Inducers. Stand 08/2022, unter: https://www.fda.gov/drugs/drug-interactions-labeling/drug-development-and-drug-interactions-table-substrates-inhibitors-and-inducers
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