Adipositas - Grade, Ursachen und Behandlung

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Krankhaftes Übergewicht (Adipositas) ist in den meisten europäischen Ländern weitverbreitet. Geschuldet ist dies unter anderem genetischen Veranlagungen und dem modernen Lebensstil. Dieser umschließt überwiegend sitzende berufliche Tätigkeiten, mangelnde Bewegung in der Freizeit, langsamen Stoffwechsel, verschiedene Erkrankungen, Medikamente und ständig verfügbare hochkalorische Nahrungs- und Genussmittel. All diese Faktoren tragen zu Übergewicht und folglich auch zu Adipositas bei und begünstigen so Folgeerkrankungen. Eine Änderung dieses Lebensstils durch mehr Bewegung und veränderte Essgewohnheiten kann das Gewicht dauerhaft reduzieren. Auch Kinder können bereits an Adipositas leiden. Hier spielen neben den Lebensgewohnheiten auch sozioökonomische Faktoren eine Rolle.
Was ist Adipositas?
Bei Adipositas oder auch Fettsucht handelt es sich um eine seit 2020 offiziell anerkannte chronische Erkrankung. Menschen, die unter Adipositas oder Fettleibigkeit leiden, bringen ein zu hohes Körpergewicht auf die Waage. Dieses wird durch einen übermäßig hohen Körperfettanteil verursacht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas mit einem Body-Mass-Index (BMI, auch Körpermasse-Index) von über 30.
Was verursacht Adipositas?

Der Adipositas geht das Übergewicht voraus.
Verantwortlich für das Übergewicht ist häufig der Lebensstil der sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat. So gehen heutzutage mehr Menschen einer sitzenden Tätigkeit nach als früher, gleichzeitig sind kalorienreiche Nahrungsmittel praktisch immer verfügbar. Dies begünstigt die Entstehung einer Adipositas. Dabei spielt eine über Jahre überhöhte Zufuhr von Kalorien über die Ernährung eine große Rolle. Wird die Kalorienzufuhr nicht reduziert oder der Kalorienverbrauch durch Sport oder generell mehr Bewegung im Alltag nicht erhöht, speichert der Körper die überschüssigen Kalorien in Form von Fett. Neben dem Bewegungsmangel und der kalorienreichen Ernährung tragen weitere Ursachen zur Adipositas bei:
- genetische Faktoren
- hormonelle Erkrankungen
- Rauchentwöhnung (nicht das Nichtrauchen, sondern meist die höhere Zufuhr an Nahrung und der ggf. verminderte Stoffwechsel verursacht hier die Zunahme)
- Medikamente
- Stress oder seelische Probleme, wie Depressionen
- Essstörungen, wie zum Beispiel die Binge-Eating-Störung (wiederkehrende Essanfälle mit exzessiver Nahrungsaufnahme)
- Schlafmangel
- Schwangerschaft
Welche Folgen hat Adipositas?
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) wurde Adipositas 2020 offiziell als Krankheit anerkannt. Sie gilt weiterhin als Auslöser bzw. als Risikofaktor für eine Vielzahl von Begleit- und Folgeerkrankungen wie:
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ II)
- eine Verkalkung der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit )
- Fettleber
- Rückenschmerzen
- Verschleiß des Hüftgelenks (Hüft- oder Coxarthrose)
- Knieschmerzen
Auch die Psyche kann in Folge von Adipositas stark leiden. Ein vermindertes Selbstwertgefühl wächst häufig zu einer Depression aus oder fördert Angstgefühle. Damit beginnt ein Teufelskreis, wenn die Betroffenen ihre Ängste und Traurigkeit wiederholt mit Essattacken zu lindern versuchen.
Welche Ursachen hat Adipositas bei Kindern?
Auch Kinder und Jugendliche können bereits an Übergewicht und Adipositas leiden – mit negativen Folgen für die Zukunft. Denn übergewichtige oder adipöse Kinder und Jugendliche sind häufig auch im Erwachsenenalter adipös und leiden dann häufiger an der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch bei Kindern fußt die Adipositas auf dem Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren. So wirkt sich zum Beispiel der Schulalltag, der einen sitzenden Lebensstil einfordert, und bewegungsarme Freizeitaktivitäten wie fernsehen und die ständige Verfügbarkeit von kalorienreichen Lebensmitteln direkt auf das Gewicht aus. Zusätzlich wird das Umfeld der Kinder – das heißt die Familie, die Wohngegend, Freunde, die Kita und die Schule – von den sozioökonomischen sowie politischen Bedingungen geprägt. Studien zeigen, dass Kinder aus finanziell schlechter gestellten Familien häufiger übergewichtig oder adipös sind als die in finanziell besser gestellten Bevölkerungsgruppen. Zwischen Jungen und Mädchen besteht kaum ein Unterschied, was die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas angeht.
Was sind die typischen Symptome bei Adipositas?
Der Übergang von Übergewicht zu Adipositas ist fließend und viele fühlen sich mit einem BMI von 25 oder darüber, der sogenannten Prä-Adipositas, gesund und agil. Erst wenn das Gewicht den Alltag schwer macht oder diesen einschränkt, macht sich die Adipositas symptomatisch bemerkbar. Dabei begünstigen die Beschwerden, wie zum Beispiel Knieschmerzen, dass sich die Adipositas verschlechtert. Denn wenn Laufen oder Treppensteigen Beschwerden hervorrufen, wird ein gefühltes Zuviel an Bewegung vermieden.
Folgendes sind typische Beschwerden:
- vermehrtes Schwitzen
- Sodbrennen
- Schlechte Wundheilung
- Gelenkverschleiß
- Atemaussetzer im Schlaf
- Krampfadern
- Psychische Probleme
- schnelle Ermüdung nach körperlicher Aktivität
- geringe Ausdauer
- schmerzende Knie, Rücken oder Hüfte
- Gallenkoliken durch Gallensteine, Gichtanfälle durch zu hohe Harnsäurewerte
Wie wird Adipositas festgestellt?
Das Übergewicht oder die Adipositas ist bereits ohne körperliche Untersuchung gut zu erkennen. Um jedoch den Grad des Übergewichts oder der Adipositas zu ermitteln, bedient sich der Arzt verschiedener Methoden. Zuerst wird er verschiedene Fragen stellen:
- Wie lange besteht das Übergewicht?
- Hatten sie schon früher Gewichtsprobleme?
- Nehmen sie weiter zu?
- Haben sie körperliche Beschwerden z.B. Rückenschmerzen, Atemnot?
- Wie sieht die tägliche Ernährung aus?
- Bewegen sie sich täglich?
- Haben weitere Familienmitglieder gleichartige Probleme?
- Nehmen sie Medikamente und wenn ja welche
Dann wird der BMI errechnet. Liegt der Wert bei über 30, liegt eine Adipositas Grad I vor. Mit weiteren Methoden lässt sich die Diagnose erhärten und das Risiko für Folgeerkrankungen bestimmen.
Der BMI ist ein wichtiger Wert, allerdings sagt er nichts über die Verteilung der Fettdepots am Körper aus. Da sich bei Übergewicht und Adipositas das Fett über Jahre um die inneren Organe sowie an Bauch, Hüfte, Po und Beinen anlagert, wird bei Werten ab 30 auch das Verhältnis von Taille zu Hüfte (Taille-Hüfte-Quotient, THQ) gemessen, um die Fettverteilung im Körper beurteilen zu können. Nach der Messung teilt der Arzt den an der Taille durch den an der Hüfte gemessenen Wert und erhält den THQ. Bei Frauen sollte der THQ unter 0,85 und bei Männern unter 1,0 liegen.
Das Körperfett kann sich unterschiedlich im Körper anlagern. Bei der Apfelform lagern die Fettreserven in erster Linie am Bauch an. Dies erhöht das Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Als birnenförmig bezeichnet man die überwiegende Fettverteilung an Hüfte, Beinen und Po, von der kein gesundheitliches Risiko ausgeht.
Zusätzlich ist es für den Arzt interessant, in welchem Verhältnis Muskelmasse, Körperfett und Flüssigkeit zu einander stehen. Dazu führt er eine sogenannte Bioimpedanz-Analyse durch. Der Arzt verbindet Arme und Beine über Kabel mit einem Gerät, das schwachen Strom durch den Körper des Patienten leitet und dabei den Widerstand misst, den der Körper dem Strom entgegensetzt. Da die verschiedenen Gewebe im Körper den Strom anders leiten, lässt sich aus der Höhe des Widerstandes der Körperfettanteil ermitteln.
Weitere Untersuchungen sind Blutuntersuchen. Hier werden folgende Werte überprüft:
- Cholesterin
- Leberwerte
Wie wird Adipositas behandelt?
Um Folgeerkrankung zu vermeiden oder bereits bestehende Beschwerden zu lindern, ist das Hauptziel der Adipositas-Behandlung das Körpergewicht dauerhaft zu reduzieren. Um dies zu erreichen, ist eine Lebensstilveränderung mit einer Ernährungsumstellung und mehr Bewegung im Alltag wichtig. Dabei hilft es für den Anfang bereits ein oder zwei Stockwerke zu Fuß zu gehen oder eine Bushaltestelle früher auszusteigen. Hier kann ein Ernährungsberater, eine Ernährungsberaterin oder ein vom medizinischen Fachpersonal aufgestellter Ernährungsplan gut unterstützen.
Eine zusätzliche psychologische und physiotherapeutische Betreuung kann den Betroffenen dabei unterstützen, das Ziel zu erreichen und zu halten. Unterstützung bieten hier auch spezielle Adipositas-Programme, denn oft kann es schwer fallen lang gelebte Gewohnheiten abzulegen und sich richtig zu bewegen.
Bleiben die Erfolge für länger als sechs Monate aus oder sprechen die Umstände dafür, kommt auch eine Operation in Frage. Dabei wird der Magen entweder operativ verkleinert oder es werden Bypässe gelegt, die wie Umgehungsstraßen die Nahrung am Magen vorbeiführen. So erreicht man, dass der Magen weniger Nahrung aufnimmt und sich das Sättigungsgefühl eher einstellt. Auch ein Magenband kann dabei helfen schnell ein Sättigungsgefühl herbeizuführen. Das Magenband ist die einzige Operation, die wieder umkehrbar ist. Auch wenn sich nach einer Operation schnell der Erfolg einstellt, bleibt dieser nur lange erhalten, wenn Betroffene ihren Lebensstil auf Dauer ändern.
Was können Sie selbst bei Adipositas tun?
Wenn Sie unter Adipositas leiden, sollten Sie sich hinsichtlich Ernährung und möglicher sportlicher Aktivitäten beraten lassen. Denn nicht jede Diät ist sinnvoll und nicht jede Sportart geeignet, wenn Sie langfristig abnehmen und das Gewicht halten wollen oder Sie bereits Schmerzen in ihren Knien oder dem Rücken haben. Besonders gelenkschonende Aktivitäten sind Fahrradfahren, Nordic Walking, Schwimmen oder Yoga. Wenn es Ihre Knie oder ihr Rücken zulassen, können Sie auch mit Joggen ihren Kalorienverbrauch erhöhen. Doch unabhängig vom Sport hilft es bereits alltägliche Dinge anders als sonst zu erledigen, wie zum Beispiel unterwegs schneller zu gehen, auf den Aufzug zu verzichten oder eine Haltestelle früher auszusteigen und den Rest zu Fuß zu gehen.
Je häufiger Sie sich bewegen, desto schneller verbessert sich ihre Kondition und desto mehr Kalorien verbrennen Sie.
Selbsthilfegruppen können sehr motivierend und unterstützend sein. Gemeinsames austauschen von kalorienarmen Rezepten und Kochen, gemeinsamer Sport und Gespräche bringen Schwung in die Diät. Eine Verhaltenstherapie unterstützt Sie dabei, falsche Denkmuster zu erkennen, sich selbst wertzuschätzen, ein gesundes Essverhalten zu lernen und sich von Rückschlägen bei der Gewichtsabnahme nicht allzu lange beeindrucken zu lassen. Für einen langfristigen Erfolg ist es wichtiger, langsam und mit einem ausgewogenen Ernährungsplan abzunehmen und das Gewicht dauerhaft zu halten, als mit einer radikalen Diät zu schnell abzunehmen und einen Jo-Jo-Effekt zu riskieren. Eine Diät dauert längere Zeit und wenn man an dem Wunschgewicht angekommen ist, darf man nicht wieder wie früher essen. Dieses darf nicht vergessen werden.
Veröffentlicht am: 08.04.2022
Letzte Aktualisierung: 14.01.2025
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Quellen
[1] Statista.de. Immer mehr stark Übergewichtige. https://de.statista.com/infografik/17609/anteil-eebergewichtiger-in-deutschland/#:~:text=Immer%20mehr%20stark%20%C3%9Cbergewichtige.%20Die%20Deutschen%20sind%20in,Prozent%20der%20Frauen%20und%2062%2C1%20Prozent%20der%20M%C3%A4nner
[2] Stiftung Gesundheitswissen. Adipositas. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/adipositas/hintergrund
[3] Deutsche Adipositas-Gesellschaft. Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/050-001p_S3_Adipositas_Pr%C3%A4vention_Therapie_2019-01.pdf
[4] Robert Koch-Institut. Kindliche Adipositas: Einflussfaktoren im Blick. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas_Monitoring/AdiMon_Infobroschuere.pdf?__blob=publicationFile
[5] Robert Koch-Institut. Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas_Monitoring/Adipositas/PDF_Themenblatt_Adipositas.pdf?__blob=publicationFile
[6] Adipositas Gesellschaft. Ursachen für Adipositas https://adipositas-gesellschaft.de/ueber-adipositas/ursachen-von-adipositas/
[7] Bundesministerium für Bildung und Forschung. Adipositas: Wenn überzählige Pfunde krank machen. https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/adipositas-wenn-uberzahlige-pfunde-krank-machen-16079.php
[8] Ärzteblatt.de Adipositastherapie_ Erstmals ein Wirksames Abnehmmedikament https://www.aerzteblatt.de/archiv/233456/Adipositastherapie-Erstmals-ein-wirksames-Abnehmmedikament
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