Epilepsie - Ursachen, Symptome und Behandlung

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Die Epilepsie beruht auf einer Funktionsstörung im Gehirn, die wiederum verschiedene Ursachen haben kann. Die Störung kann während des Anfalls sowohl das ganze Gehirn oder auch nur einzelne Hirnbereiche betreffen. Daher unterscheidet man zwei Formen: die generalisierte Form (von Beginn an sind beide Gehirnhälften betroffen) und die fokale Form (betroffen ist ein begrenzter Bereich im Gehirn.) Die Symptome sind in Abhängigkeit dieser beiden Formen unterschiedlich ausgeprägt. So kann ein epileptischer Anfall damit einhergehen, dass der betroffene Mensch sein Bewusstsein verliert und starke Krämpfe erleidet. Es kann aber auch sein, dass nur ein Körperteil, wie zum Beispiel ein Arm, zuckt oder sich die Sinneswahrnehmungen verändern und Sehstörungen auftreten. Da die Epilepsie in so unterschiedlichen Formen auftritt, nutzt man häufig die Mehrzahl und spricht von Epilepsien. Mit Medikamenten lassen sich die Anfälle unterdrücken, aber nicht heilen. Auch wenn die Epilepsie keine Erbkrankheit ist, so kann eine erhöhte Bereitschaft zu epileptischen Anfällen angeboren sein und auch vererbt werden.
In Deutschland leiden ca. 0,5-1% der Bevölkerung an Epilepsie, in Österreich leben knapp 50.000 Personen mit Epilepsie.
Was ist Epilepsie?
Die Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, die in jedem Alter auftreten kann und sich in sogenannten „epileptischen Anfällen“ äußert. Auslöser dafür sind zu viele Signale, die ein übermäßig aktiver einzelner Bereich (fokale Form) oder ein insgesamt überaktives Gehirn (generalisierte Form) aussendet. Ein epileptischer Anfall wird vielfach auch als „Gewitter im Gehirn“ bezeichnet. In der Folge krampft entweder der gesamte Köper oder auch nur ein Körperteil. Manchmal verliert die Person das Bewusstsein oder es kommt nur zu einem kurzen Schwindelanfall. Es ist auch möglich, dass plötzliche Sinneseindrücke wie Halluzination auftreten.
Diese Anfälle dauern meist nicht lange an und verursachen keine bleibenden Schäden.
Kritisch allerdings ist der „Status epilepticus“, ein Zustand der erreicht ist, wenn der epileptische Anfall länger als fünf Minuten andauert oder kurz hintereinander mehrere Anfälle auftreten. Dieser Zustand kann zum Tod des betroffenen Menschen führen, da hier das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. In der Folge versagen Herz und Lunge. Beistehende Ersthelfer sollten in diesem Fall umgehend für notärztliche Hilfe sorgen und sich um den betroffenen Menschen kümmern.
Gut zu wissen
Man spricht nur dann von Epilepsie, wenn sich die epileptischen Anfälle häufen. So kann es zum Beispiel nach einer schweren Kopfverletzung wie bei einem Autounfall zu einem epileptischen Anfall kommen. Das bedeutet aber nicht, dass diesem eine Epilepsie als Erkrankung zugrunde liegt.
Was verursacht Epilepsie?
Die Ursachen der Epilepsie sind so unterschiedlich wie die Symptome während eines Anfalls, weshalb man häufig auch in der Mehrzahl von dieser Erkrankung spricht. Epilepsien liegt eine Funktionsstörung im Gehirn zugrunde. Diese kann auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen sein oder auf erworbene Schäden am Gehirn, wie zum Beispiel durch
- eine Hirnhautentzündung (Meningitis)
- eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis)
- eine Durchblutungsstörung durch einen Schlaganfall (Apoplex)
- Tumore
- eine Hirnverletzung durch einen Unfall
- Sauerstoffmangel während der Geburt
- eine Fehlbildung in der Hirnentwicklung
- eine Stoffwechselstörung des Gehirns
Was passiert während eines epileptischen Anfalls?
Das Gehirn umfasst Milliarden von Nervenzellen, die über das gesamte Organ hinweg über elektrische und chemische Signale miteinander kommunizieren. Das Gehirn selbst wiederum ist in Bereiche unterteilt, welche die Sprache, die Bewegung, unsere Gefühle oder unsere Wahrnehmung steuern. Dem epileptischen Anfall liegt eine vorübergehende Funktionsstörung von Nervenzellgruppen zugrunde, die plötzlich und gleichzeitig in einer hohen Frequenz Signale senden und benachbarten Nervenzellen ihren Rhythmus aufdrängen. Je nachdem, welche Hirnregion betroffen ist, treten unterschiedliche Symptome auf.
Was sind die typischen Symptome bei Epilepsie?
Bei epileptischen Anfällen sind zwei Anfallsformen zu unterscheiden: generalisierte und fokale Anfälle. Beide Formen können sich jeweils unterschiedlich äußern.
Bei der generalisierten Anfallsform ist das gesamte Gehirn betroffen. Hier müssen die Anfälle nicht unbedingt schwerer verlaufen als die Anfälle bei der fokalen Form. Allerdings führen sie hier häufiger zu einem Bewusstseinsverlust und dazu, dass der gesamte Körper krampft. Die unterschiedlichen Merkmale eines generalisierten Anfalls nennt man wie folgt
- Tonisch:Meist ist ein Anfall dieser Art von kurzer Dauer und der betroffene Mensch wird nicht immer bewusstlos während sich die Gliedmaßen verkrampfen und versteifen.
- Atonisch: Ein atonischer Anfall zeichnet sich dadurch aus, dass in einem Teil des Körpers plötzlich die Muskelspannung nachlässt. Dies kann die Sturzgefahr erhöhen, wenn unerwartet die Knie unter dem Körper nachgeben. Zudem besteht die Möglichkeit das Bewusstsein zu verlieren.
- Klonisch: Bei dieser Anfallsform verliert die betroffene Person häufig das Bewusstsein. Dabei zucken die großen Muskelgruppen wie zum Beispiel der Arme oder Beine.
- Bei einem myoklonischen Anfall zucken einzelne Muskelgruppen rasch, dabei ist der betroffene Mensch meist bei Bewusstsein.
- Der tonisch-klonische („Grand mal“) Anfall zeichnet sich durch Bewusstlosigkeit aus, dabei krampft und zuckt der gesamte Körper.
- Die Absencen sind eine milde Form der generalisierten Epilepsien. Sie äußern sich durch plötzliche kurze Bewusstseinspausen.
Verhalten bei einem großen Anfall (Grand mal)

Als Beisteher mitzubekommen, wie ein Mensch während eines großen Anfalls zu Boden fällt, und während eines epileptischen Anfalls das Bewusstsein verliert, kann einschüchtern – besonders, wenn man nicht weiß, wie man reagieren soll. Dabei ist helfen hier recht simpel.
- Wichtig: Bewahren Sie Ruhe und erfassen Sie die Dauer des Anfalls. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an, sollten Sie umgehend einen Notarzt rufen.
- Sichern Sie den Bereich um den am Boden liegenden Menschen ab, um das Verletzungsrisiko für den Betroffenen zu minimieren.
- Entfernen Sie Kleidungsstücke, wie einen Schal oder eine Krawatte, die den Menschen bei der Atmung stören könnten.
- Schützen Sie seinen Kopf und stecken sie dem betroffenen Menschen auf keinen Fall einen Gegenstand zwischen die Zähne.
- Haben die Krämpfe nachgelassen, sollten Sie den Patienten in eine angenehme Position, wie die stabile Seitenlage, drehen.
- Seien Sie für den Menschen da, wenn er wieder zu sich kommt und beruhigen Sie ihn, wenn nötig.
Epilepsien der fokalen Form entstehen in einem bestimmten Bereich des Gehirns. Sie können sich auf das gesamte Gehirn ausbreiten und so einen generalisierten Anfall verursachen. Daher sind auch hier die Symptome vielfältig. Je nachdem für welchen Bereich die betroffene Hirnregion zuständig ist, kann sich das Sehen verändern (visueller Anfall) oder ein Bein zucken (motorischer Anfall). Manche Betroffenen leiden unter Angstzuständen oder Schwindel. Auch eine Aura kann auftreten, die sich durch ungewöhnliche Sinneswahrnehmungen äußert, wie Halluzinationen, ein Kribbeln oder Sehstörungen. Manche Menschen laufen während eines fokalen Anfalls ziellos umher, schneiden Grimassen oder schmatzen und haben ein eingeschränktes Bewusstsein oder eine verminderte Aufmerksamkeit.
Ein stärkerer epileptischer Anfall ist kräftezehrend. Viele Betroffene benötigen danach mehrere Stunden Schlaf um sich zu erholen. Andere erholen sich schneller und können nach einem Anfall ihre tägliche Routine wiederaufnehmen. Die Anfälle hinterlassen keine Schäden am Gehirn oder geistige Behinderungen und Beschwerden wie Depressionen, Sprachstörungen und Lähmungen sind nur vorübergehend. Dennoch kann die Angst vor dem nächsten Anfall belastend sein und eine dauerhafte Depression begünstigen. Eine weitere mögliche Folge jahrelanger und schwerer Anfälle ist, dass man vergesslicher und unkonzentrierter wird. Menschen die unter einer Epilepsie leiden, sind zwischen den Anfällen in der Regel beschwerdefrei.
Wie stellt der Arzt Epilepsie fest?
Hat man das erste Mal einen epileptischen Anfall erlebt, sollte man dies sobald wie möglich ärztlich untersuchen lassen. Meistens ist der erste Ansprechpartner der Hausarzt, der einen zur fachärztlichen Betreuung in eine neurologische Praxis überweist. Einige Neurologen (Nervenärzte) haben sich auf Epilepsie spezialisiert. Um eine Diagnose stellen zu können, muss der betroffene Mensch einige Fragen zum Ablauf und zur Dauer des Anfalls beantworten und mitteilen, welche Symptome Dritte währenddessen beobachtet haben. Bereits diese Informationen lassen oft darauf rückschließen, um welche Anfallsform es sich handeln könnte.
Zusätzlich ist es wichtig andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen, von der Epilepsie abzugrenzen. So lässt sich die Epilepsie auch mit einer Migräne mit Aura verwechseln, die sich neben den hämmernden einseitigen Kopfschmerzen auch in Missempfindungen zum Beispiel an Armen und Beinen äußert. Machen kleine Kinder einen Infekt mit Fieber durch, können sie unter Fieberkrämpfen leiden, die an einen epileptischen Anfall erinnern. Daher ist auch eine neurologische Untersuchung wichtig, um die Ursache für den Anfall zu klären.
Dazu misst der Arzt mittels einer Elektroenzephalografie (EEG) die Hirnströme der betroffenen Person. Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns aufgezeichnet – ähnlich wie die Herzaktivität bei einem EKG. Mit dem EEG untersucht der Arzt auch, wie das Gehirn auf Reize von außen reagiert und ob er beim Patienten unter kontrollierten Bedingungen einen Anfall auslösen kann. Dazu wird entweder Flackerlicht eingesetzt oder der Patient darum gebeten über einen bestimmten Zeitraum sehr schnell zu atmen (Hyperventilation). Zeigen diese Reize eine Wirkung, schlägt sich dies in charakteristischen Linien im EEG nieder. Um die Diagnose zu sichern kann ein Langzeit-EEG sowie längere Videoaufzeichnungen zum Einsatz kommen.
Zusätzlich müssen noch weitere Erkrankungen ausgeschlossen werden:
- Herzrhythmusstörungen können zu einer kurzzeitigen Bewusstseinsstörung führen.
- Blutuntersuchungen helfen dabei, eine Stoffwechselstörung als mögliche Ursache für Epilepsien auszuschließen.
- Mit einer kleinen Menge Nervenflüssigkeit aus dem Rücken (Lumbalpunktion) lässt sich eine Gehirnentzündung ausschließen.
- Mit einer Magnetresonanztomografie (MRT) erstellt der Arzt Bilder vom Gehirn. So lassen sich eventuelle Durchblutungsstörungen wie bei einem Schlaganfall als die mögliche Ursache für den epileptischen Anfall ausmachen.
Wie behandelt der Arzt Epilepsie?
Ob und wie eine Epilepsie behandelt wird ist eine individuelle Entscheidung. Wichtig ist die ausführliche ärztliche Aufklärung über diese Erkrankung und welche Behandlungsverfahren mit welchen Vor- und Nachteilen existieren.
Medikamentöse Behandlung
Für eine wirkungsvolle medikamentöse Behandlung ist es wichtig die Epilepsieform sicher zu kennen. So kann in vielen Fällen durch die medikamentöse Behandlung in der richtigen Dosierung ein epileptischer Anfall unterdrückt werden. Mit diesen Antikonvulsiva, also Medikamenten, die einen Anfall unterdrücken, ist die Erkrankung allerdings nicht geheilt. Das in Abhängigkeit von der Diagnose ausgewählte Medikament wird zu Beginn in einer leichten Dosierung eingenommen. Dann wird die Dosis schrittweise so lange gesteigert, bis keine Anfälle mehr auftreten oder es zu Nebenwirkungen kommt. Führt diese Behandlung nicht zum gewünschten Ergebnis, nimmt der Patient ein zusätzliches Medikament ein, das ebenfalls bis zur gewünschten Wirkung hoch dosiert wird. Erst dann sollte das erste Medikament langsam reduziert und schließlich nicht mehr eingenommen werden.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Neben der medikamentösen kommen bei fokalen Epilepsien noch weitere zusätzliche Behandlungsmethoden infrage, wie eine Operation. Geht die Epilepsie von einer Fehlbildung in der Großhirnrinde aus, wie bei der fokalen kortikalen Dysplasie (FCD), kann der Hirnchirurg in einem kleinen Eingriff die Fehlbildung beheben und entnimmt dabei nur wenige Anteile der Hirnsubstanz. Hier besteht die Chance durch die OP von den Anfällen befreit zu werden.
Inwieweit ein operativer Eingriff erfolgreich ist, hängt davon ab, ob das Hirnareal, das die fokalen Anfälle auslöst, festgestellt und entfernt werden kann.
Sinnvoll ist zudem eine psychotherapeutische Behandlung, wenn die Lebensqualität durch Gemütsschwankungen, Ängste oder chronische Erschöpfung eingeschränkt ist.
Im Falle eines Status epilepticus kommt ein Notfallmedikament zum Einsatz, welches Patienten immer bei sich führen und von Dritten wie zum Beispiel Angehörigen, verabreicht wird.
Was können Sie selbst bei Epilepsie tun?
Wenn Sie an Epilepsie erkrankt sind, sollten Sie darauf achten, dass Sie ausreichend schlafen. So vermindern Sie das Risiko für einen Anfall. Solange ein Risiko für weitere epileptische Anfälle besteht, ist Autofahren ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich – welche das sind, besprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt. Wann ein Mensch mit Epilepsie als fahrtauglich gilt, ist in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung geregelt.
Denken Sie auch daran, sich psychologische Hilfe zu holen, wenn Sie merken, dass Sie sich durch die Epilepsie eingeschränkt oder manchen alltäglichen Begegnungen nicht mehr gewachsen fühlen.
Eine Epilepsievereinigung kann Sie dabei unterstützen, Selbsthilfegruppen in verschiedenen Bundesländern zu finden oder selbst eine in ihrer Gegend zu gründen. Der Austausch mit Menschen, die Ihre Situation nachempfinden können, kann sehr hilfreich sein, um einen für Sie guten Umgang mit dieser Erkrankung zu finden.
Veröffentlicht am: 03.01.2023
Quellen
[1] Österreichische Gesellschaft für Neurologie https://www.oegn.at/allgemein/internationaler-tag-der-epilepsie-8-februar/ (letzter Abruf am 22.11.2022)
[2] Epilepsie Interessensgemeinschaft Österreich https://www.epilepsie-ig.at/ (letzter Abruf am 03.01.2023)
[3] Österreichische Gesellschaft für Epileptologie https://www.ogfe.at/epileptologie-in-oe/selbsthilfegruppen.html (letzter Abruf am 03.01.2023)
[4] Epilepsie Dachverband Österreich https://www.epilepsie.at/ (letzter Abruf am 03.01.2023)
[5] gesundbund.de. Epilepsie. https://gesund.bund.de/epilepsie (letzter Abruf am 10.05.2021)
[6] Deutsche Epilepsievereinigung. Epileptische Anfälle und Epilepsien. https://www.epilepsie-vereinigung.de/krankheitsbild/epileptische-anfaelle-und-epilepsien/ (letzter Abruf am 10.05.2021)
[7] Deutsche Epilepsievereinigung. Verhalten beim Grand mal. https://www.epilepsie-vereinigung.de/verhalten-beim-grand-mal/ (letzter Abruf am 10.05.2021)
[8] gesundheitsinformation,de. Epilepsie. https://www.gesundheitsinformation.de/epilepsie.html (letzter Abruf am 10.05.2021)
Expertenrat: Theresa Holler

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