Rigor - Symptome, Ursachen und Behandlung

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Als Rigor bezeichnet man durchgehend unwillkürlich angespannte Muskeln. Er ist eines der Hauptsymptome bei Parkinson und entsteht aufgrund der damit einhergehenden Nervenschäden im Gehirn. Muskelsteifigkeit kann jedoch auch im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen, Verletzungen oder Nebenwirkungen von Arzneimitteln auftreten. Die Therapie richtet sich nach der zugrundliegenden Ursache.
Was ist Rigor?
Im Fernsehkrimi kommt der Begriff "Rigor mortis" häufig vor und bezeichnet die Totenstarre, also das Versteifen aller Muskeln des Körpers nach Eintritt des Todes. Das Wort Rigor ist lateinisch und bedeutet "Steifheit, Starre". Ohne den Krimi-Zusatz beschreibt er eine generelle Muskelsteifheit, bei der Beuger und Strecker permanent angespannt sind und kann sowohl alle als auch nur bestimmte Muskeln betreffen.
Der Rigor unterscheidet sich von einer Spastik (auch Spastizität), bei der die Anspannung der Muskeln zunimmt, je schneller sie passiv bewegt werden. Beim Rigor ist die Spannung der Muskeln unabhängig davon, wie schnell oder in welche Richtung die Gliedmaßen von außen bewegt werden. Bei einer Sonderform des Rigor, dem Zahnrad-Phänomen, lässt dieser Bewegungswiderstand abrupt nach und der Muskel lässt sich ein Stück bewegen, bevor die Spannung wieder steigt; die Bewegung wirkt also zahnradartig. Spastiken treten teilweise nach Schlaganfällen auf, während Rigor eines der Hauptsymptome von Morbus Parkinson und Multipler Sklerose ist.
Was sind Symptome von Rigor?
Rigor ist selbst ein Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung. Er kann aber, zum Beispiel bei Parkinson, eine Reihe von Folgen nach sich ziehen, darunter:
- Ziehen oder Missempfindungen
- Eingeschränkte Beweglichkeit
- Anspannung der Muskeln auch im Ruhezustand
- Gebeugte Haltung
- Dauerhaft angewinkelte oder verkrampfte Gelenke (Ellbogen, Knie, Finger)
- Verspannungen von Nacken oder Schultern
- Schmerzen (insbesondere in Schulter, Arm oder Rücken)
Generell besteht die Möglichkeit, dass Rigor mit anderen muskulären Beschwerden wie Muskelkater, Verspannungen oder Muskelschmerzen überlappt oder damit verwechselt wird.
Wie entsteht Rigor?
Es gibt zwei Wege, über die ein schwerer Rigor entstehen kann: Entweder sind die hemmenden Nervenzellen (Neuronen) ausgefallen, die der Anspannung des Muskels entgegenwirken oder die Nervenzellen, die zur Anspannung des Muskels führen (α-Motoneuronen), werden permanent angeregt. Ein Neuronen-Ausfall kann beispielsweise bei Vergiftungen vorkommen. Eine Übererregbarkeit der Motoneuronen beruht bei Parkinson auf einer Schädigung bestimmter Gehirnbereiche, kann aber auch im Rahmen von Entzündungen auftreten, beispielsweise bei einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung wie Polymyalgia rheumatica.
Genetisch bedingte Myopathien sind angeborene Muskelerkrankungen, die oft nach Belastung zu Muskelschmerzen führen und mit einer Muskelsteifigkeit einhergehen können. Rigor ist hierbei jedoch nicht das Hauptsymptom. Nicht in jedem Fall sind also gleich Parkinson oder eine Vergiftung die Ursache. Für eine leichtere, vorübergehende Muskelsteifigkeit gibt es einige andere mögliche Gründe, darunter:
- Überanstrengung beim Sport
- Verstauchungen und Zerrungen des Muskels
- Rheumatische Polyneuralgie
- Durch Zecken- oder Insektenstiche übertragene Krankheitserreger, die entsprechende Symptome auslösen können
- Infektionen (z. B. Hirnhautentzündung oder Grippe)
- Nebenwirkung bestimmter Medikamente (z.B. Statine zur Cholesterinsenkung)
Weitere Ursachen, die gelegentlich zu Muskelsteifheit führen, sind mangelnde körperliche Aktivität, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Schlafmangel und der Aufenthalt in kalter oder feuchter Umgebung.
Wie stellt der Arzt die Diagnose Rigor?

Sollte die Muskelsteifigkeit länger anhalten, immer wieder ohne nachvollziehbare Ursache auftreten oder sollten weitere Symptome hinzukommen, ist es ratsam, eine ärztliche Praxis aufzusuchen. Dazu zählen unter anderem Fieber, Schmerzen, dunkler Urin oder Schwellungen – aber auch wenn der Rigor nach einem Insektenstich oder -biss auftritt, empfiehlt es sich, ärztliche Hilfe einzuholen.
Zunächst fragt der Arzt nach der Krankheitsgeschichte (Anamnese). Danach wird im Normalfall eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei werden die Beweglichkeit der Muskeln und ihr Widerstand gegen passive Bewegungen getestet. Im Fall von Parkinson kommt es zum Beispiel im Liegen teils zum Kopfkissen-Phänomen. Dabei hält die betroffene Person ihren Kopf unbeabsichtigt einige Zentimeter über der Unterlage, auch wenn ein zuvor stützendes Kissen entfernt wird. Der Grund dafür ist die dauerhaft angespannte Nackenmuskulatur.
Zusätzliche Blutuntersuchungen können dabei helfen, Muskelschäden und Störungen des Immunsystems wie Polymyalgia rheumatica auszuschließen. Bildgebende Diagnostik wie ein MRT unterstützt dabei, eingeklemmte Nerven zu finden, die ebenfalls zu starken Verspannungen führen und so einem Rigor ähneln können. Seltener werden die elektrischen Signale der Muskeln direkt mittels Elektromyografie (EMG) gemessen.
Wie behandelt der Arzt Rigor?
Da Rigor in den meisten Fällen nur ein Symptom einer anderen Erkrankung ist, wird er selten direkt behandelt. Die genaue Behandlung hängt also von der Ursache ab.
Bei Entzündungen oder Muskelverletzungen kommen nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAID) zum Einsatz. Ist ein Arzneimittel die Ursache, besteht die Möglichkeit, die Dosis anzupassen oder auf eine alternative Medikation umzustellen. Bei Parkinson ist der Ansatzpunkt die zugrundeliegende fehlerhafte Ansteuerung der Muskeln durch das Gehirn. Dann kommen NMDA-Rezeptor-Antagonisten zum Einsatz. Handelt es sich jedoch um Muskelsteifigkeit, die beispielsweise auf Muskelverletzungen oder unzureichender Bewegung beruht, können Betroffene sich oft auch selbst Linderung verschaffen.
Was können Sie selbst bei Rigor tun?
Bei leichteren Muskelverspannungen helfen oft Hausmittel, um die Steifigkeit zu lindern, darunter:
- Ruhe
- Wärme oder Kühlen beziehungsweise beides im Wechsel
- Dehnungsübungen, um Beweglichkeit und Durchblutung der Muskeln zu verbessern
- Warme Duschen oder Bäder, um die Durchblutung zu fördern
- Massagen
Zu einem gewissen Grad können auch beim Rigor infolge von Parkinson Lockerungsübungen und große Bewegungen helfen, die Steifigkeit zu reduzieren.
Wer den alltäglicheren Ursachen einer Muskelsteifigkeit vorbeugen möchte, kann beispielsweise:
- Regelmäßig körperlich aktiv sein
- Aufwärmen vor und dehnen nach dem Sport
- Bei kaltem Wetter warme Kleidung tragen
- Auf die Körperhaltung achten, insbesondere beim langen Sitzen (ergonomische Möbel)
- Lange Phasen der Inaktivität vermeiden (z. B. bei der Arbeit regelmäßig aufstehen, bei langen Autofahrten Pausen machen)
- Ausreichend Wasser trinken und sich abwechslungsreich und gesund ernähren.
Veröffentlicht am: 04.09.2024
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Quellen:
[1] Pschyrembel: Rigor. https://www.pschyrembel.de/rigor/K0JXP/doc/
[2] Graf C: Lehrbuch der Sportmedizin, 2. Auflage. Deutscher Ärzte-Verlag (2012).
[3] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[4] van Beuningen, S: Parkinson: Was ist Rigor und wie du ihn reduzierst. https://fit-trotz-parkinson.de/parkinson-rigor/
[5] Leopoldt D: Was hinter Muskelschmerzen steckt. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2020/daz-25-2020/was-hinter-muskelschmerzen-steckt
[6] Pschyrembel: Parkinson-Syndrom. https://www.pschyrembel.de/Parkinson-Syndrom/K0GCW
[7] Pasmanasari ED, Pawitan JA: The Potential of Electromyography Signals as Markers to Detect and Monitor Parkinson’s Disease. Biomed Pharmacol J 2021;14(1). https://bit.ly/30bHU3O
[8] Lurati AR: Health Issues and Injury Risks Associated With Prolonged Sitting and Sedentary Lifestyles. Workplace Health & Safety. 2018;66(6):285-290.
[9] Maucher, IV: Serotonin-Syndrom. Gelbe Liste Pharmindex. https://www.gelbe-liste.de/arzneimitteltherapiesicherheit/serotonin-syndrom
[10] Seymour T, Murell D: What causes muscle soreness and stiffness?. https://www.medicalnewstoday.com/articles/320545
[11] Baoge L, et al. Treatment of skeletal muscle injury: a review. ISRN Orthop. 2012;2012:689012. https://www.hindawi.com/journals/isrn/2012/689012/
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