Atemtherapie – wie bewusstes Atmen helfen kann

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Wie wir atmen beeinflusst sowohl den Körper als auch die Psyche und hat damit einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit. Mit einer Atemtherapie kann die Lungenfunktion erhalten oder sogar gesteigert werden. Bei Krankheiten der Atemwege wie Asthma oder COPD kann eine Atemtherapie der betroffenen Person zu einer besseren Lebensqualität und einer Leistungssteigerung verhelfen. Auch bei psychischen Erkrankungen, die beispielsweise durch zu viel Stress entstehen, sind Atemübungen oft ein fester Bestandteil der Therapie.
Was ist eine Atemtherapie?
Bei einer Atemtherapie werden bestimmte Atemtechniken und Atemübungen erlernt, um körperliche oder psychische Beschwerden zu lindern. Es handelt sich dabei um eine sanfte Therapiemethode, die bei korrekter Durchführung in der Regel keine Nebenwirkungen aufweist. Es gibt verschiedene Ansätze der Atemtherapie. Die klassischen Methoden beruhen auf der Annahme, dass sich die Art zu atmen auf den gesamten menschlichen Organismus, also körperlich und psychisch, auswirkt. Außerdem gibt es die funktionalen, mechanischen Atemtherapiemethoden, beispielsweise die Atemphysiotherapie oder das Atemmuskeltraining. Letztere lassen sich zum Beispiel zur Stärkung der Lunge einsetzen.
Welche Anwendungsgebiete der Atemtherapie gibt es?
Die Atemtherapie findet bei vielen unterschiedlichen Krankheiten Anwendung. Zur Behandlung körperlicher Beschwerden setzen Therapeuten sie unter anderem ein bei:
- Asthma
- Chronischer Bronchitis
- Nachbehandlung einer Lungenentzündung
- Atemstörungen
- Chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)
- Herz-Kreislaufstörungen
- Magen-Darm-Erkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Mukoviszidose)
- Kopfschmerzen, Migräne
- Rückenerkrankungen (z. B. bei einer Wirbelsäulenverkrümmung wie der Skoliose)
- Covid-19-Infektion, Long Covid
- Lähmungserkrankungen
- Muskelerkrankungen (z. B. Amyotrophe Lateralsklerose = ALS)
Zudem spielt die Atemtherapie bei der Behandlung psychischer Beschwerden eine große Rolle. Sie ist zum Beispiel anwendbar bei:
- Depressionen
- Burnout-Symptomatik
- Angststörungen
- Nervosität, innere Unruhe, Stress
- Schlafstörungen
- Psychosomatische Störungen (körperliche Beschwerden durch seelische Belastungen)
- Konzentrations- und Leistungsproblemen
- Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS)
Die meisten schwangeren Frauen lernen in einem Geburtsvorbereitungskurs, wie sie während der Wehen eine bestimmte Atemtechnik gezielt gegen Schmerzen einsetzen können. Aber auch in der Therapie von Sprech- und Stimmstörungen (Logopädie), im Gesangs- und Sprechtraining sowie beim Yoga und Meditieren wird das gezielte, bewusste Atmen praktiziert.
Wie wird die Atemtherapie angewendet?
Je nach Ursache der Atemprobleme wenden Atemtherapeuten verschiedene Methoden an, um beispielsweise eine geschwächte Atemmuskulatur zu stärken. Das Ziel der Atemphysiotherapie ist es, die Atemfunktion zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen und somit auch die Lebensqualität sowie die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Zunächst stellt eine Fachkraft (Atem- oder Physiotherapeut) den individuellen Atembefund fest und legt einen Behandlungsplan an. Eine Schulung der Atemwahrnehmung ist die Grundlage der Therapie. Anschließend vermittelt der Therapeut während der Behandlung verschiedene Atemübungen wie das Atmen gegen Widerstand oder langsames Ausatmen. Zudem führt er bei Bedarf Dehn- und Mobilisationsübungen durch, um die Beweglichkeit des Brustkorbs und der Rippenmuskulatur zu fördern. Der Therapeut achtet dabei darauf, die Person in Behandlung nicht zu überfordern, da sich zu viel Training möglicherweise negativ auswirkt.
Bei einem nicht ausreichenden Sekrettransport aus den Atemwegen, zum Beispiel bei COPD, besteht eine erhöhte Gefahr von Infekten der Bronchien und der Lunge. Um dem vorzubeugen, eignet sich beispielsweise eine Sekretmobilisation durch passive Maßnahmen wie Klopfungen oder Vibrationsmassagen. Außerdem erlernt die betroffene Person spezielle Hustentechniken.
Einige Menschen brauchen Unterstützung beim Abhusten von Sekreten. Hierbei wird zum Beispiel das Air stacking (Luftstapeln) eingesetzt. Mithilfe eines Handbeatmungsbeutels verabreicht der Therapeut mehrere Atemhübe hintereinander. Damit löst er einen Hustenreiz aus und der Schleim gelangt durch Husten aus der Lunge. Ist diese Maßnahme nicht ausreichend, kann ein Gerät zur mechanischen Hustenunterstützung, der sogenannte Cough-Assist (cough = englisch für Husten), eingesetzt werden. Das Gerät ahmt den natürlichen Husten nach, indem es einen Überdruck aufbaut, der Luft in die Bronchien drückt. Durch den anschließenden Unterdruck wird Schleim aus der Lunge abtransportiert.
Ein weiteres Konzept ist die reflektorische Atemtherapie. Hierbei geht es vor allem darum, das Zwerchfell als zentralen Atemmuskel in seiner Funktion zu unterstützen. Die Therapie unterteilt sich in drei Schritte:
- Wärmeanwendung: entspannende Wirkung durch heiße Tücher/Rolle
- Manuelle Behandlung: mit Grifftechniken löst der Therapeut die verspannte Muskulatur
- Therapeutische Übungen: spezielle Atemgymnastik (z. B. Yoga-Positionen), welche nachhaltig die Atmung vertiefen soll
Mithilfe der dreidimensionalen Skoliosetherapie nach Schroth ist es möglich, die Beschwerden von Menschen mit einer Wirbelsäulenverkrümmung zu lindern. Dabei erlernen sie die sogenannte Dreh-Winkel-Atmung, die sich unter anderem korrigierend auf eine Verkrümmung der Brustwirbelsäule auswirken kann.
In einer Stresssituation atmen viele oft nur noch sehr flach oder halten sogar die Luft an. Bewusstes Atmen jedoch hilft gegen Stress und beruhigt. Dabei helfen oft schon ein paar tiefe, ruhige Atemzüge. Innerhalb weniger Sekunden lässt sich so Stress abbauen und das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff versorgen. Bei vielen Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder dem autogenen Training ist die Atmung ein zentrales Element. Durch ruhiges, tiefes Atmen schlägt das Herz langsamer, der Blutdruck und die Produktion von Stresshormonen sinken. Weil das Atmen so auf Körper und Psyche wirkt, werden Atemübungen oft erfolgreich in der Behandlung psychischer Erkrankungen eingesetzt.
Wann sollte die Atemtherapie nicht eingesetzt werden?
Bei einer nicht fachgerecht durchgeführten Atemtherapie oder nicht korrekt selbst angewendeten Atemübungen kann es zu Nebenwirkungen wie Schwindel oder Krämpfen kommen.
Nicht geeignet ist eine Atemtherapie teilweise bei Menschen mit einer schweren psychischen Störung. Außerdem sollten keine krankhaften Erweiterungen der Blutgefäße (Aneurysmen) vorliegen. Bei niedrigem Blutdruck ist es wichtig darauf zu achten, dass durch die Atemübungen der Blutdruck nicht noch weiter gesenkt wird. Zudem ist es nicht ratsam, eine Atemtherapie während einer schweren, akuten Lungenentzündung ohne speziellen ärztlichen Rat durchzuführen.
Wer trägt die Kosten für eine Atemtherapie?
Die Kosten einer Atemtherapie hängen von der Art, dem Umfang und der Dauer der Behandlung ab und richten sich vor allem nach der Indikation, also der Ursache für die Atemproblematik. Stellt der Haus- oder Lungenfacharzt ein Rezept für die ambulante Atemphysiotherapie als Heilmittelverordnung aus, zahlt die Krankenkasse die Therapie. Es können allerdings Rezeptgebühren anfallen. Es ist ratsam, die Übernahme der Kosten mit der Kranken- oder Zusatzversicherung vor der Behandlung abzuklären.
Wie kann ich selbst die Atemtherapie einsetzen?
Für viele Menschen mit Atemproblemen ist es sehr hilfreich, Selbsthilfetechniken zu erlernen, die sie im Alltag vor allem bei Luftnot anwenden können. Hierzu zählt beispielsweise die sogenannte dosierte Lippenbremse. Dabei atmet man durch die locker aufeinander gelegten, leicht gespitzten Lippen, also gegen einen leichten Widerstand, langsam aus. Die Wangen sollen dabei nicht zu stark aufgebläht werden. Diese Übung wirkt sich stabilisierend auf die Atemwege aus.
Außerdem erleichtern verschiedene Körperstellungen das Atmen. Eine davon nennt sich Kutschersitz. Dabei wird der Oberkörper im Sitzen nach vorn geneigt. In dieser Position kann das Zwerchfell seine Funktion als Atemmuskel besser ausführen. Auch das Abstützen der Arme auf den Knien im Sitzen oder Stehen erleichtert häufig das Einatmen, da der Schultergürtel die oberen Rippen dabei entlastet.
Zur Entspannung, bei Einschlafproblemen aber auch bei Ängsten oder Aggressionen, empfehlen Fachleute zum Beispiel die 4-7-8-Atmung. Dabei wird mit der Zungenspitze hinter den Vorderzähnen etwa 4 Sekunden lang durch die Nase eingeatmet, der Atem dann etwa 7 Sekunden angehalten und anschließend 8 Sekunden lang durch den Mund ausgeatmet. Die Übung soll viermal wiederholt werden.
Veröffentlicht am: 14.12.2023
Quellen
[1]: Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. (BDH): Atemtherapie (Stand: 10.08.2022) https://www.bdh-online.de/lexikon/atemtherapie/
[2]: COPD Deutschland e.V.: Reflektorische Atemtherapie https://www.copd-deutschland.de/links-von-startseite/reflektorische-atemtherapie
[3]: ATEM Der Berufsverband e.V.: Long-Covid, Atemtherapie als Weg zur Genesung https://bvatem.de/aktuelles/long-covid/
[4]: Stutz, R. und Schreiber, D.: Die therapeutische Wirksamkeit westlicher
Atemtherapiemethoden: Ein systematischer Review. Complement Med Res, 05.09.2017 https://bvatem.de/wp-content/uploads/2022/08/bvatem-forschung-stutz-r-schreiber-d-die-therapeutische-wirksamkeit-westlicher-atemtherapiemethoden-ein-systematischer-review.pdf
[5]: Deutsches Skoliose Netzwerk (DSN): Behandlung nach Schroth https://deutsches-skoliose-netzwerk.de/nachschroth/
[6]: Reflektorische Atemtherapie https://reflektorische-atemtherapie.de/die-therapie/was-ist-die-reflektorische-atemtherapie/#reflektorische-atemtherapie
[7]: COPD Deutschland e.V.: Atemphysiotherapie, Information für Betroffene und Interessierte (Stand 12/2020) https://www.copd-deutschland.de/images/patientenratgeber/patientenbroschueren/atemphysiotherapie.pdf
[8]: Nationale VersorgungsLeitlinie: COPD der Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). 2. Auflage, Version 1, 2021. https://www.kbv.de/media/sp/copd-2aufl-vers1.pdf
[9]: Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM): Atemphysiotherapie https://www.dgm.org/muskelkrankheiten/als/atmung-beatmung/atemphysiotherapie
[10]: Fletcher, J.: How to use 4-7-8 breathing for anxiety. Medical News Today, 11.01.2020 https://www.medicalnewstoday.com/articles/323454
Unsere Qualitätssicherung

„Innovation und Veränderung voranzutreiben und dadurch das Leben der Menschen besser zu machen, ist für mich ein großes Anliegen. Die Gesundheit unserer Kunden liegt mir sehr am Herzen, daher stehe ich mit meinem Team hinter dem Ratgeber.“
Als pharmazeutische Teamleitung innerhalb der pharmazeutischen Beratung unterstützt Sarah Handrischeck unser Unternehmen und unsere Kunden bei Fragen diverser Gesundheitsthemen. Die Ratgeber der SHOP APOTHEKE machen es möglich, kompaktes Apotheker-Wissen zu vermitteln und über wichtige Gesundheitsthemen aufzuklären.