Familientherapie – gemeinsam Probleme bewältigen

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Als Familientherapie bezeichnet man die gemeinsame Psychotherapie der Familie. Dabei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, um problematische Verhaltensmuster offenzulegen und gemeinsam zu verbessern. Oft findet sie als Ergänzung zur Einzeltherapie einer für die gesamte Familie belastenden Erkrankung statt oder wenn die Familienbeziehungen (mit-)verantwortlich für die Entstehung psychischer Probleme sind. Gemeinsam erlittene traumatische Erfahrungen wie der Tod von Angehörigen können ebenfalls im Rahmen einer Familientherapie angegangen werden.
Was ist Familientherapie?

Die Familientherapie zählt zu den interpersonellen Psychotherapien, da an ihr nicht nur eine Person, sondern mehrere Mitglieder einer Familie beteiligt sind. Ein mögliches Ziel ist es, problematische Verhaltensmuster zwischen Familienmitgliedern zu verbessern und Lösungen für interfamiliäre Probleme zu finden. Ein weiteres Ziel ist es, als Gruppe zu lernen, besser mit bestimmten Situationen oder (psychischen) Erkrankungen einzelner Familienmitglieder umzugehen, welche die familiären Beziehungen belasten. Eine Familientherapie findet oft in Ergänzung zur Einzeltherapie der psychischen Erkrankung eines Familienmitglieds statt. Insbesondere bei der systemischen Familientherapie wird die psychische Erkrankung als ein Symptom einer gestörten Familienbeziehung statt als eigenständige Erkrankung gesehen.
Es gibt viele verschiedene familientherapeutische Ansätze, allen sind jedoch einige Punkte gemein:
- Therapeutin/Therapeut ist neutral, aber aktiv: ergreift für kein Familienmitglied Partei und wendet gezielt bestimmte Interventionstechniken an.
- Kommunikationsregeln werden festgelegt.
- Hervorheben positiver und unproblematischer Aspekte der Familienorganisation und des Verhaltens.
- Fokus darauf, vorhandene Fähigkeiten der Familie (Ressourcen) zu finden und für den Veränderungsprozess zu nutzen.
Wann kann Familientherapie helfen?
Eine Familientherapie kann bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen sinnvoll sein, darunter beispielsweise Essstörungen, Schizophrenie oder affektive Störungen. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Interaktion mit der Familie der Betroffenen einen wesentlichen Faktor darstellt, der die Probleme ausgelöst hat oder diese aufrechterhält. Besonders häufig kommt die Familientherapie daher bei Jugendlichen zum Einsatz.
Zu den Problemen, zu deren Behandlung eine Familientherapie beiträgt, zählen:
- Psychische Probleme oder Erkrankung (z.B. Depressionen, Verhaltensauffälligkeiten, Essstörungen, Sucht)
- Eheprobleme, Trennung und Scheidung
- Schulische Probleme
- Chronische körperliche Erkrankung oder lebensbedrohliche Erkrankung eines Familienmitglieds
- Probleme in Pflegefamilien oder bei Adoption
- Traumatische Erfahrungen
- Verlust eines Familienmitglieds, Trauer
- Durch schwerwiegende Konflikte zerrüttete Familien
- Fehlende Erziehungskompetenz der Eltern
Je nach Situation kann eine andere Art der Familientherapie hilfreich sein. Bei Jugendlichen mit einer Sozialverhaltensstörung wie besonders aggressivem Verhalten oder bei Drogenmissbrauch bietet sich eine multisystemische Familientherapie an. Ein soziales Gefüge stellt dabei ein System dar. In multisystemischen Therapien werden daher alle Systeme mit einbezogen, die für die Jugendlichen von Bedeutung sind – neben der Familie können also Schule, Lehrbetrieb, Pflegefamilien oder Heimpersonal beteiligt sein.
Wie wird eine Familientherapie durchgeführt?
Zu den verschiedenen Methoden, die bei der Familientherapie zum Einsatz kommen, zählen unter anderem:
- Reframing (Umdeutung): Beim Reframing deuten Therapeutin oder Therapeut gemeinsam mit den Betroffenen bestimmte Ereignisse um. Auf diese Weise finden sie zum Beispiel alternative Erklärungen dafür, warum die Familienmitglieder sich auf eine bestimmte Weise verhalten haben. So wird Distanz zur aktuellen Situation geschaffen.
- Paradoxe Interventionen/(Symptom-) Verschreibungen: Die paradoxe (widersprüchliche) Intervention meint Handlungsanweisungen, die das problematische Verhalten noch verstärken. Dies soll dazu führen, dass die betroffene Person aufhört, das Problem kontrollieren zu wollen und sich dadurch das Verhalten letztlich verringert. So wird bei der Symptomverschreibung etwa das problematische Verhalten therapeutisch verordnet, beispielsweise das Stuhlkippeln zu den Mahlzeiten. Das bedeutet, dass es von der betroffenen Person bis zur nächsten Sitzung besonders häufig an den Tag gelegt werden soll.
- Arbeiten an Grenzen: Arbeitet eine Familie gemeinsam an Grenzen, etablieren manche Familienmitglieder beispielsweise stärkere Grenzen, die nicht von anderen überschritten werden sollen. Damit machen sie deutlich, welche Verhaltensweisen sie etwa als störend oder verletzend empfinden.
- Zirkuläres Fragen: Sind alle Familienmitglieder aufgefordert, die Beziehungen der anderen zueinander oder eine bestimmte Situation aus der Sicht eines Familienmitglieds zu kommentieren oder zu beurteilen, bezeichnet man dies als zirkuläres Fragen.
Welche Risiken bestehen bei einer Familientherapie?
Bei Methoden wie der Familienskulptur kann es dazu kommen, dass die ausgelösten starken Gefühle besonders bei psychisch labilen Personen andere Symptome wie beispielsweise Depressionen, Schlaflosigkeit oder Antriebslosigkeit entwickeln können. Daher ist es sehr wichtig, dass immer eine qualifizierte Fachkraft anwesend ist, um dabei zu helfen, komplexe Empfindungen und sehr starke Eindrücke zu verarbeiten.
Die Familie sollte außerdem nur dann in die Therapie mit einbezogen werden, wenn sichergestellt ist, dass Offenheit im Therapiegespräch später keine negativen Konsequenzen außerhalb des Behandlungsraums nach sich zieht. Dies gilt umso mehr, wenn bekannt ist, dass bereits häusliche Gewalt vorgekommen ist, oder wenn die Gefahr besteht, dass es dazu kommt.
Was ist bei einer Familientherapie zu beachten?
Generelle Voraussetzung ist, dass die Familienmitglieder sich vom Problem der Person, welche die Therapie initiiert, beeinträchtigt fühlen und zur Teilnahme an der Therapie bereit sind. Außerdem ist es wichtig, ein gemeinsames Ziel zu vereinbaren, auf das hingearbeitet wird. Die Familientherapie findet idealerweise im Rahmen einer Psychotherapie statt und wird durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten angeleitet, die oder der Erfahrung mit Therapien im Gruppensetting hat. Im Normalfall ist eine Familientherapie allein nicht ausreichend zur Behandlung psychischer Probleme.
Info: Systemische Einzeltherapie
Die systemische Einzeltherapie nutzt Methoden der Familientherapie, auch wenn nur eine Person anwesend ist. Diese kann andere Familienmitglieder beispielsweise durch Stühle symbolisieren und deren Position einnehmen, um ein Problem aus anderen Sichtweisen zu betrachten. Gespräche, bei denen normalerweise mehrere Personen antworten, können so ebenfalls von einer Person aus mehreren Perspektiven beantwortet werden.
Veröffentlicht am: 10.02.2025
Quellen
[1] Lieb K. et al. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, 2023.
[2] Amrhein C. Familientherapie – Möglichkeiten der Behandlung von psychischen Symptomen in der Familie. Therapie.de. https://www.therapie.de/psyche/info/therapie/familientherapie/methoden-familientherapie/
[3] Therapie.de. Familienaufstellung und Familienskulptur – Methoden zur bildhaften Darstellung von Beziehungen zwischen Familienmitgliedern. https://www.therapie.de/psyche/info/therapie/familienaufstellung/die-familienskulptur/
[4] Pschyrembel. Online. Familientherapie. https://www.pschyrembel.de/Familientherapie/K07HQ/doc/
[5] Schweitzer J. et al. Systemische Therapie/Familientherapie. Psychotherapeutenjournal 1/2007
Unsere Qualitätssicherung

„Es ist mir ein großes Anliegen, Menschen dabei zu helfen, ein gesundes und möglichst sorgenfreies Leben zu führen. Mithilfe unserer Ratgeber haben wir die Möglichkeit, unser Apotheker-Wissen schnell und einfach weiterzugeben.“
Als gelernte approbierte Pharmazeutin hat Kathrin Rund schon in diversen leitenden Funktionen gearbeitet und unterstützt unsere Shop Apotheke aktuell als Associate Director im Bereich Pharma Process. Mit ihrer langjährigen Expertise steht sie hinter unseren Ratgebern, die umfassend über verschiedene Gesundheitsthemen informieren.