Gedächtnistraining – üben, üben, üben fürs Gehirn

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Zusammenfassung
Unter dem Begriff Gedächtnistraining werden alle Methoden zusammengefasst, mit denen versucht wird, alters- oder krankheitsbedingte Gedächtnisstörungen auszugleichen. Dafür existieren verschiedene Übungen, die jeweils unterschiedliche Bereiche des Gehirns stimulieren und so deren Leistung erhalten oder verbessern sollen. Wie wirksam die einzelnen Methoden für das Gedächtnis insgesamt, verschiedene Unterbereiche oder die Intelligenz sind, ist umstritten.
Was ist Gedächtnistraining?
Als Gedächtnistraining bezeichnet man gemeinhin alle Übungen, die unsere Gedächtnisleistung verbessern sollen. Es gibt mittlerweile eine große Bandbreite an Apps und Webseiten, die eine Verbesserung der Gedächtnisleistung oder gar der Intelligenz versprechen. Die Studienlage bezüglich Gedächtnistrainings hat bisher keine einzelne Methode einwandfrei als diejenige identifizieren können, die alle Bereiche der Gedächtnis- oder kognitiven Leistungen abdeckt. In vielen Fällen scheinen Übungen zum Gehirnjogging oder Gedächtnistraining die Leistung nur in dem speziellen Bereich zu verbessern, der für diese Aufgabe benötigt wird. Beispielsweise werden Menschen, die viele Sudokus ausfüllen schlicht besser darin, Sudokus zu lösen.
Ein Teil der Forschung ist jedoch besonders spannend: Studien zur Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses (Working Memory). Damit bezeichnet man die Fähigkeit, Informationen vorübergehend zu speichern und diese so zu verarbeiten, dass sich darauf basierend Entscheidungen treffen lassen. Somit ist dieser Bereich des Gedächtnisses für das logische Denken, das Sprachverständnis und weitere Bereiche von großer Bedeutung. Doch auch hier ist die Datenlage noch widersprüchlich. Denn es ist unklar, ob sich eine Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses tatsächlich auf andere kognitive Bereiche auswirkt.
Wann kann Gedächtnistraining helfen?
Intensives Gedächtnistraining (auch Gedächtnistherapie) wird nicht nur zur Verbesserung der Merkfähigkeit gesunder Menschen eingesetzt. Unter anderem kann sie auch bei Gedächtnisstörungen helfen, die bei den folgenden Erkrankungen auftreten:
- Hirnschädigung
- Demenz
- Schizophrenie
- Alkoholabhängigkeit
Hilft Gedächtnistraining bei Amnesie?
Wie wirksam Gedächtnistraining ist, hängt von der Person und deren individueller Situation ab. Bei Menschen mit schwerer Amnesie, also plötzlichem, schweren Gedächtnisverlust, geht es eher darum, die Erinnerungsbeeinträchtigung im Alltag auszugleichen. Zusätzlich fokussiert die Therapie sich dabei in erster Linie auf Techniken, mit denen sich der Lernvorgang verbessern lässt als auf gängiges Gedächtnistraining.
Wie wird Gedächtnistraining durchgeführt?

Einige Studien fanden einen positiven Effekt bestimmter Übungen mit dem Arbeitsgedächtnis auf andere Bereiche. Diese werden als single- und dual-n-back Übungen bezeichnet. Auch die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Webseite und App „NeuroNation“ nutzt unter anderem double-n-back-Übungen für das Gedächtnistraining.
Eine single-n-back-Übung nutzt entweder akustische oder visuelle Reize und eine dual-n-back-Übung spielt gleichzeitig Audio ab, während man ein bestimmtes Bild oder Wort sieht. Bei einer n-back-Übung geht es darum, immer dann zu reagieren, wenn der gleiche Reiz n Schritte zurück gezeigt wurde. Das bedeutet: Ist n=2, muss beispielsweise immer ein Knopf gedrückt werden, wenn die aktuell gezeigte Form oder das aktuell gehörte Wort mit dem vorletzten Reiz übereinstimmt. Ein Ausschnitt aus einer möglichen „2-back“-Übung:
- Falsch: blau, rot, grün, blau …
- Richtig: blau, rot, blau, grün …
- Falsch: Quadrat, Quadrat, Kreis, Dreieck …
- Richtig: Quadrat, Kreis, Quadrat, Dreieck …
Der Bundesverband Gedächtnistraining möchte ein ganzheitliches Gedächtnistraining bieten und setzt daher auf eine Kombination vieler Übungen, die sich jeweils auf einen Bereich konzentrieren. Zu diesen Bereichen zählen neben der Merkfähigkeit:
- Assoziationen (Verknüpfen alter mit neuen Informationen)
- Flexibles Denken
- Fantasie und Kreativität
- Sprachliche Formulierungen
- Konzentration
- Logisches Denken
- Strukturieren von Inhalten
- Urteilsfähigkeit/Entscheidungen fällen
- Wahrnehmung
- Wortfindung
- Zusammenhänge erkennen
Wer im Bereich „logisches Denken“ üben möchte, kann zum Beispiel Alltagsprobleme lösen, Sätze einer Geschichte in die richtige Reihenfolge bringen oder Buchstabenreihen fortsetzen. Zum Training der „Wahrnehmung“ lassen sich Wimmelbilder nutzen. Aber auch die anderen Sinne werden hier trainiert, beispielsweise mit Tast-Memory (Karten, die mit bestimmten Stoffen beklebt werden) oder indem anhand kurzer Ausschnitte Lieder erraten werden.
Was ist beim Gedächtnistraining zu beachten?
Bei ersten Versuchen, sportlicher zu werden, tut jeder Schritt in Richtung mehr Bewegung gut, ideal ist aber ein ausgeglichenes Training anstelle eines übermäßigen Trainings einer einzigen Muskelgruppe. Dieses Prinzip gilt generell auch beim Gedächtnis. Setzen Sie also lieber immer wieder auf abwechslungsreiche Beschäftigungen und unterschiedliche geistige Herausforderungen anstelle eines einzelnen „Gedächtnistrainingstags“ einmal im Jahr. Abseits vom eigentlichen Training können Erinnerungshilfen wie Kalender-Apps zusätzlich dabei unterstützen, den Alltag zu strukturieren.
Sport hilft dabei nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch ganz direkt. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass regelmäßige Bewegung auch das Gehirn und insbesondere das Gedächtnis fit hält. Teilweise lässt sich die Bewegung mit dem Gedächtnistraining kombinieren. Einige Städte bieten dafür Denkpfade an, bei denen die Teilnehmenden unter Anleitung bei einem Spaziergang an der frischen Luft Übungen aus mehreren Bereichen des ganzheitlichen Gedächtnistrainings ausprobieren können.
Ebenso wie beim Sport sollte jedoch auch das Gehirn nicht überbeansprucht werden. Schlaf und Entspannung sind ebenso wichtig wie eine ausgewogene Ernährung, damit sich das Gehirn erholen kann. Denn nur mit ausreichend Schlaf und bei möglichst wenig Stress lässt sich das Gelernte auch festigen.
Veröffentlicht am: 30.07.2024
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Quellen
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[10] Bundesverband Gedächtnistraining e. V. Ganzheitliches Gedächtnistraining: https://bvgt.de/ganzheitliches-gedaechtnistraining/trainingsziele/
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