Immuntherapie – vielseitig einsetzbar

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Zusammenfassung
Bei der Immuntherapie lassen sich verschiedene Behandlungsformen unterscheiden, die sich jeweils für unterschiedliche Erkrankungen eignen. Gemein ist all diesen Verfahren, dass sie die Aktivität des Immunsystems beeinflussen. Ein Beispiel ist die spezifische Immunstimulation im Rahmen einer Schutzimpfung. Daneben existieren weitere Verfahren, die unter anderem gegen Krebserkrankungen, Multiple Sklerose, Allergien oder Autoimmunkrankheiten eingesetzt werden.
Was ist eine Immuntherapie?
Der Begriff Immuntherapie ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Verfahren, die das Immunsystem beeinflussen und dazu dienen, unterschiedliche Krankheiten zu behandeln oder ihnen vorzubeugen. Dazu zählen:
- Therapeutische Immunsuppression: Unterdrückung oder Abschwächung einer Reaktion des Immunsystems (Immunreaktion)
- Immunstimulation: Aktivierung des Immunsystems (z. B. Schutzimpfung, Interferontherapie)
- Immunglobulintherapie: Anwendung bestimmter Antikörper
- Spezifische Immuntherapie: Behandlung von Überreaktionen des Immunsystems (Hyposensibilisierung bei Allergien)
Wann führt man eine Immuntherapie durch?
Die Immuntherapie wird unter anderem zur Behandlung von Erkrankungen wie Krebs oder Rheuma sowie gegen Allergien eingesetzt. Auch Schutzimpfungen stellen eine Form der Immuntherapie dar. Hierbei bildet der Körper durch die Stimulierung des Immunsystems einen Schutz gegen bestimmte Krankheitserreger.
Eine Stimulierung des Immunsystems lässt sich außerdem über die Verabreichung sogenannter Interferone erzielen. Dabei handelt es sich um Proteine (Eiweiße), die natürlicherweise in verschiedenen menschlichen Zellen gebildet werden. Sie regen das Immunsystem an und richten sich gegen Viren und Geschwulste (Tumoren). Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie in der Medizin zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt, unter anderem:
- Lebererkrankungen (Chronische Hepatitis B und Hepatitis C)
- Leukämien (Chronisch myeloische Leukämie, Harzellleukämie)
- BösartigeGeschwulste (z. B. malignes Melanom, Kaposi-Sarkom)
- MultipleSklerose
- AIDS
Im Gegensatz dazu lässt sich die Funktion des Immunsystems durch bestimmte Medikamente unterdrücken. Die Unterdrückung oder Abschwächung des Immunsystems erfolgt durch eine sogenannte therapeutische Immunsuppression. Diese ist beispielsweise nach einer Organtransplantation notwendig, damit der Körper das neue Organ nicht abstößt (Abstoßungsreaktion). Darüber hinaus kommt sie auch bei Autoimmunkrankheiten zum Einsatz. Das sind Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigne Strukturen richtet. Das können zum Beispiel bestimmte Zellen oder Gewebe sein.
Gegen Autoimmunkrankheiten können Mediziner außerdem bestimmte Antikörper (Immunglobulinen) einsetzen. Diese dienen außerdem der Behandlung von:
- Morbus Crohn: eine andauernde (chronische) entzündliche Darmerkrankung
- RheumatoiderArthritis: eine andauernde (chronische) entzündliche Gelenkerkrankung
- Brustkrebs
- Antikörpermangel
Menschen, die auf bestimmte Stoffe allergisch reagieren, können sich gegen ihre Allergien hyposensibilisieren lassen. Das bedeutet, dass das Immunsystem an einen allergieauslösenden Stoff gewöhnt wird und die allergiebedingten Beschwerden nachlassen. Eine Hyposensibilisierung lässt sich bei einer Reihe von Allergien durchführen. Das gilt beispielsweise für Allergien gegen bestimmte Pollen (z. B. Gräser, Bäume, Getreide), Bienen- und Wespengift sowie gegen Hausstaubmilben oder Katzen.
Was wird bei der Immuntherapie gemacht?
Die Immuntherapie ist der Überbegriff verschiedener Verfahren, daher unterscheiden sich die verschiedenen Immuntherapien in ihren Ansätzen.
Therapeutische Immunsuppression
Nachdem bei einer Person eine Organtransplantation durchgeführt oder eine Autoimmunerkrankung festgestellt wurde, ist eine Unterdrückung der Immunreaktion notwendig. Diese erfolgt beispielsweise durch die Einnahme bestimmter Medikamente oder durch eine Bestrahlungstherapie.
Immunstimulation
Bei einer Schutzimpfungverabreicht der Arzt einen Impfstoff, der das körpereigene Immunsystem dazu anregt, Abwehrstoffe gegen bestimmte Krankheitserreger zu bilden. Ein Impfstoff beinhaltet häufig abgetötete Krankheitserreger oder solche, die in ihrer Wirkung abgeschwächt wurden. Impfstoffe können aber auch auf Bestandteilen von Erregern basieren und beispielsweise deren Erbgut oder Proteine enthalten.
Bedarf es einer Behandlung mit künstlich hergestellten Interferonen, verabreicht der Arzt diese ebenfalls mit einer Spritze. Interferone (kurz IFN) sind körpereigene Proteine, die von vielen Zellen bei Entzündungsreaktionen auf Infektionen produziert werden. Wie häufig die Behandlung erfolgt, variiert je nach Präparat und erfolgt zum Beispiel einmal pro Woche.
Immunglobulintherapie
Wird bei einer Person ein Immundefekt festgestellt, der mit einem Mangel an Antikörpern einhergeht, besteht die Möglichkeit, diesen Mangel durch die regelmäßige Verabreichung bestimmter Antikörper (Immunglobuline, das sind lebenswichtige Eiweiße, die im Blut zirkulieren und wichtiger Bestandteil des Immunsystems sind) auszugleichen. Der Arzt verabreicht die Immunglobuline mit einer Spritze entweder direkt in die Vene oder unter die Haut.
Hyposensibilisierung
Die Hyposensibilisierung zielt darauf ab, das Immunsystem an allergieauslösende Stoffe (sogenannte Allergene) zu gewöhnen, um allergiebedingte Beschwerden zu lindern. Dazu erhalten Menschen das Allergen zunächst in sehr geringer Menge. Dies erfolgt entweder durch die Einnahme von Tabletten oder Tropfen zuhause oder in Form einer Flüssigkeit, die der Arzt mit einer Spritze verabreicht. Die Dosis des Allergens wird im Laufe der Behandlung schrittweise erhöht. Die Dauer dieser Behandlung beträgt in etwa drei Jahre.
Wirken Spritzen bei der Hyposensibilisierung besser als Tabletten und Tropfen?
Wissenschaftliche Studien haben sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Spritzenbehandlung effektiver gegen die Allergie-Beschwerden hilft als eine Behandlung mit Tabletten oder Tropfen. Diese Studien weisen darauf hin, dass sich die Beschwerden durch eine Spritzenbehandlung etwas besser lindern lassen könnten. Generell soll der Behandlungserfolg aller drei Formen aber ähnlich sein.
Welche Risiken bestehen bei der Immuntherapie?
Wie bei jeder Behandlung bestehen auch bei den verschiedenen Formen der Immuntherapie Risiken, die sich oft in unterschiedlichen Symptomen äußern.
Therapeutische Immunsuppression
Eine Unterdrückung des Immunsystems kann sich je nach Medikament unterschiedlich stark auswirken. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören:
- Übelkeit und Erbrechen
- Durchfall
- Bluthochdruck
- Schädigung von Nieren, Nerven und Leber
- erhöhte Infektanfälligkeit
Immunstimulation
Auch bei Impfungen können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Meist handelt es sich dabei um vorübergehende Reaktionen wie Rötungen der Haut, Schwellungen, Muskel-, Kopf- oder Gliederschmerzen. Auch reagiert der Körper auf die Impfung möglicherweise mit Fieber. Solche Nebenwirkungen empfinden einige Menschen zwar als unangenehm, sie weisen aber darauf hin, dass die Impfung wirkt und der Körper Abwehrstoffe gegen den Krankheitserreger bildet. Zu den schweren unerwünschten Nebenwirkungen zählen etwa allergische Reaktionen gegen Inhaltsstoffe des Impfstoffs. Solch schwere Nebenwirkungen treten sehr selten auf. Insgesamt gilt, dass der Nutzen einer Impfung höher ist als das Risiko für Nebenwirkungen.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Interferontherapie zählen grippeähnliche Symptome. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem:
- Schmerzen an der Verabreichungsstelle
- Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen, Durchfall
- Veränderungen in der Anzahl von Blutzellen (Abnahme weißer Blutkörperchen und Blutplättchen)
- Konzentrationsstörungen
- Depressionen
- Schwindel
- Geschmacksstörungen
Immunglobulintherapie
Insgesamt gilt diese Therapieform als gut verträglich. Nebenwirkungen sind zumeist mild bis moderat und treten selten bis gelegentlich auf.
Zu den möglichen Nebenwirkungen einer Therapie mit Immunglobulinen zählen unter anderem:
- Juckreiz, Rötung und Schwellung an der Verabreichungsstelle
- Fieber
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Abgeschlagenheit
- Herzinfarkt, Schlaganfall
- Übelkeit und Erbrechen, Durchfall
- Nesselsucht als Zeichen einer allergischen Unverträglichkeit
In sehr seltenen Fällen kann es zu einer sogenannten Anaphylaxie kommen. Dabei handelt es sich um eine schwere allergische Reaktion bei der unter anderem Symptome wie Atemnot und Kreislaufprobleme auftreten können.
Bei einer Verabreichung direkt in die Vene kann in sehr seltenen Fällen eine Nierenschädigung erfolgen. Dem Auftreten bestimmter Nebenwirkungen kann der Arzt im Vorfeld entgegenwirken, zum Beispiel indem er eine andere Verabreichungsform bestimmt. Über das Risiko möglicher Nebenwirkungen sowie Maßnahmen, die zu deren Vermeidung beitragen, klärt der Arzt vor der Behandlung auf.
Hyposensibilisierung
Bei über der Hälfte der behandelten Personen kommt es im Rahmen der Hyposensibilisierung zu leichten Nebenwirkungen. Dazu zählen:
- leichter Ausschlag an der Einstichstelle
- Juckreiz und Schwellungen in der Mundhöhle
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- allergischeReaktionen (z. B. tränende Augen, Niesen)
In sehr seltenen Fällen kann die Hyposensibilisierung zu einer sogenannten anaphylaktischenReaktion führen. Dann bedarf es einer sofortigen ärztlichen Behandlung. Neben starkem Juckreiz und Übelkeit kann es nämlich unter anderem auch zu Atem- und Kreislaufproblemen kommen.
Was ist bei der Immuntherapie zu beachten?
Grundsätzlich gilt es, sich vor jeder Behandlung über mögliche Risiken und Nebenwirkungen durch den behandelnden Arzt aufklären zu lassen. Auch sollte man den behandelnden Arzt informieren, wenn man andere Medikamente einnimmt. Manche Medikamente beeinflussen sich gegenseitig und erzeugen so möglicherweise unerwünschte Wechselwirkungen. Diese sorgen beispielsweise dafür, dass manche Wirkstoffe stärker oder schwächer wirken als gewünscht oder dass ein Wirkstoff langsamer vom Körper abgebaut wird.
Auch können andere bestehende Gesundheitsprobleme dazu führen, dass sich eine bestimmte Behandlungsform für den Einzelnen nicht eignet. Bei einer Interferonbehandlung betrifft dies beispielsweise Menschen mit:
- Autoimmunerkrankungen,
- bestimmten Leber- und Nierenerkrankungen,
- einem ausgeprägten Mangel weißer Blutkörperchen oder Blutplättchen,
- schweren Herz- oder Lungenerkrankungen,
- psychischen Erkrankungen (z. B. Depression),
- unzureichend behandelter Epilepsie,
- oder nach einer Organtransplantation.
Bei einer Schutzimpfung ist es wichtig zu beachten, dass der Impfschutz nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit eintritt. Je nachdem, um welche Impfung es sich handelt, muss diese nach einer gewissen Zeit aufgefrischt werden.
Bei einer Hyposensibilisierung kann nicht garantiert werden, dass diese in allen Fällen erfolgreich ist. Ein Behandlungserfolg kann möglicherweise ausbleiben. Manchmal können sich die Symptome auch nach Ende der Behandlung wieder verstärken. Leidet ein Allergiker außerdem unter schwerem Asthma, ist eine Hyposensibilisierung nur möglich, wenn das Asthma gut kontrolliert ist.
Veröffentlicht am: 19.09.2023
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Quellen
[1] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Immuntherapie. https://www.pschyrembel.de/Immuntherapie/K0AMK/doc/
[2] Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Impfung. https://www.gesundheitsinformation.de/glossar/impfung.html
[3] Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Impfungen. https://www.gesundheitsinformation.de/impfungen.html
[4] Gelbe Liste. Pharmindex: Interferone. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/interferone#:~:text=Interferone%20(IFNs)%20sind%20k%C3%B6rpereigene%20Proteine,der%20angeborenen%20Immunantwort%20auf%20Virusinfektionen
[5] Herold, G.: Innere Medizin. Gerd Herold, 2022
[6] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Interferone. https://www.pschyrembel.de/Interferon/K0AX2/doc/
[7] Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie) bei Heuschnupfen. https://www.gesundheitsinformation.de/hyposensibilisierung-spezifische-immuntherapie-bei-heuschnupfen.html#:~:text=Bei%20der%20Hyposensibilisierung%20werden%20dem,Tablette%20oder%20Tropfen%20eingenommen%20werden.
[8] Goldacker, S. et Warnatz, K.: Verträglichkeit der IgG Therapie. (https://www.dsai.de/fileadmin/user_files/fachartikel/vertraeglichkeit_der_immunglobulin_therapie.pdf)
[9] Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2019
[10] Gelbe Liste. Pharmindex: Immunsuppressiva. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/immunsuppressiva
[11] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Immunsuppression. https://www.pschyrembel.de/Immunsuppression/K0AME/doc/
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