Kryotherapie – mit Kälte heilen

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Zusammenfassung
Kühl-Packs und Co. sind altbekannte Methoden, um Schwellungen zu begegnen und blaue Flecken zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Mit Kälte lassen sich aber auch Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen. Die Kryo- oder Kältetherapie ist vielseitig einsetzbar und bildet einen Teil der physikalischen Therapie. Sie ist weit verbreitet in der Dermatologie und kommt hier zur Behandlung von oberflächlichen Veränderungen der Haut zum Einsatz. Dazu zählt das Vereisen von Warzen, die Behandlung von Pigmentflecken oder von Blutschwämmchen (Hämangiome). Andere Anwendungsbereiche sind die Schmerztherapie und Chirurgie. So lassen sich beispielsweise mithilfe der Kryotechnik Krampfadern entfernen.
Die Behandlung mit Kälte hat ihre Grenzen. Sie ist nicht in allen Fällen wirksam oder zeigt oft nur moderate Effekte, weshalb sie von Experten eher als Begleittherapie empfohlen wird.
Was ist eine Kryotherapie?
Kryotherapie (das griechische Wort „kryo“ bedeutet kalt) oder auch Kältetherapie ist ein Teil der physikalischen Therapie, die sich in der Behandlung physikalischen Kräften wie Druck, Zug, Temperatur und Strom (Elektrizität) bedient. Kälte bildet somit die Basis für die Kryotherapie. Mit ihrer Hilfe lassen sich unterschiedlichste Beschwerden behandeln. So gelten bereits kalte Wickel oder Umschläge als therapeutisches Mittel der Kältetherapie. Sie wird zudem zur Behandlung bei Schwellungen, Schmerzen oder Entzündungen und zur Vereisung von Warzen eingesetzt.
Eine besondere Form der Kryotherapie ist die Kryochirurgie. Sie kommt vorwiegend in der Dermatologie zum Einsatz. Es handelt sich um eine Gefriertechnik, mit der äußerst präzise vor allem entartetes oder wucherndes Gewebe entfernt wird. Sie gilt als nicht-invasive Behandlungsmethode, für die keine Operation beziehungsweise kein Einschneiden der Haut erforderlich ist.
Was wird bei der Kryotherapie gemacht?
Kälte lässt sich grundsätzlich lokal, also in einem abgegrenzten, kleinflächigen Bereich, anwenden oder auch am gesamten Körper. Als Überträger der Kälte dienen Luft, Wasser, Gele und Gase wie flüssiger Stickstoff oder Kohlendioxid (z. B. als Kältesprays).
Bei der lokalen Kryotherapie werden entweder kleinere Kühleinheiten wie Kühl-Packs, kalte Umschläge und sogar Eiswickel auf die betreffende Stelle gelegt oder größere Bereiche mit Eis abgerieben. Um einen deutlichen Effekt zu erzielen, ist in diesen Fällen in der Regel eine Langzeittherapie vorgesehen. Sie besteht aus regelmäßigen Einheiten, die zwischen 20 und 30 Minuten andauern. Stickstoff und Kohlendioxid kommen zumeist bei sehr kleinen Arealen, z. B. zur Vereisung von Warzen, zum Einsatz. Durch flüssigen Stickstoff werden beispielsweise Temperaturen von minus 196 Grad Celsius erreicht. Wegen dieser extremen Temperaturen ist die Behandlungsdauer mit bis zu 30 Sekunden nur sehr kurz.
Sollen größere Bereiche oder sogar der gesamte Körper behandelt werden, geschieht dies in der Regel in einer Kältekammer (Cryosauna). Dabei wird die Luft in der Kammer auf bis zu minus 120 Grad Celsius heruntergekühlt. Die Person ist für diese Therapie, abgesehen von den Händen, Füßen und Ohren, komplett unbekleidet und verbleibt für wenige Minuten in der Kammer.
Was bewirkt die Kryotherapie?
Das Wirkprinzip der Kryotherapie beruht darauf, dass sich durch die Kälte die Gefäße zusammenziehen, was wiederum die Durchblutung verlangsamt. Das wirkt vor allem Schwellungen entgegen. Krankheitserreger sollen durch die Behandlung daran gehindert werden, sich weiter auszubreiten, wodurch letztlich auch die Entzündung gehemmt wird. Durch die Kälte wird zudem die Empfindlichkeit der Nerven herabgesetzt, was die wahrgenommenen Schmerzen vermindert.
Bei der Vereisung von Gewebe kommen sehr niedrige Temperaturen zum Einsatz. Diese bewirken, dass die Zellen einfrieren, sich in ihrem Inneren Eiskristalle bilden und sie so zerstören. Tumorzellen in der Haut werden dadurch zum Beispiel am Wachstum gehindert. Wie auch bei Warzen wird durch die Vereisung das erkrankte oder wuchernde Gewebe zerstört, welches daraufhin abstirbt und vom Körper abgebaut wird.
Wichtig zu wissen: Der Effekt auf den Heilungsprozess ist bei der Kältetherapie nicht immer besonders groß. Experten sind sich bezüglich ihrer Wirksamkeit sogar uneinig und sehen sie eher als ergänzende Behandlungsoption zu herkömmlichen Therapien.
Kryotherapie kann jedoch in manchen Fällen das Gegenteil bewirken. So vermuten Experten, dass der Körper auf die anfängliche Verengung der Gefäße durch die Kälte mit einer Gegenreaktion antwortet. Dabei stellt er Arterien und Venen nach der Kühlung weiter als zuvor, wodurch es zu einem verstärkten Blutstrom in dem betroffenen Areal kommt und die Schwellung zum Beispiel zunimmt.
Wann wird eine Kryotherapie angewendet?
Kälte ist bei verschiedensten Beschwerden anwendbar, beispielsweise bei Sportverletzungen, rheumatischen Erkrankungen oder spastischen Lähmungen. Ziel ist es hierbei, Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit wiederherzustellen. Liegt eine Verletzung ohne offene Wunden vor, kann Kälte dazu beitragen, dass Schwellungen und Blutergüsse zurückgehen.
Im Fall von Spastiken, also krampfartigen, lähmenden Verspannungen der Muskeln, sorgt Kälte dafür, dass sich die Verspannungen lösen und Bewegungen wieder möglich sind. Einen ähnlichen Effekt kann Kälte auch bei Wirbelsäulen- oder Gelenkserkrankungen haben. Hierbei soll die Kälte die Mobilität verbessern und Schmerzen lindern. Kryotherapie wird daher oft auch im Rahmen der Schmerztherapie angewendet.
Einige Hauttumoren lassen sich mithilfe der Kryochirurgie entfernen. Dazu zählen beispielsweise Basalzellkarzinome („Weißer Hautkrebs“) oder Hämangiome (Blutschwämmchen). Empfohlen ist es jedoch nur bei Tumoren in einem frühen Stadium, wenn die Diagnose eindeutig ist (gesichert zum Beispiel mithilfe einer Biopsie) und herkömmliche Therapien nicht wirken oder nicht angewendet werden können.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Entfernung von Krampfadern(Varizen), medizinisch Kryoexhairese oder Kryostripping genannt. Hierbei wird die betreffende Vene an einer bestimmten Stelle vereist und anschließend entfernt. Es ist ein kleiner chirurgischer Eingriff (minimalinvasiv), da nur ein kleiner Einschnitt vorgenommen werden muss, durch den der Arzt Zugang zu dem betroffenen Gefäß erhält.
Wichtig zu wissen: Es gibt Fälle, in denen Kältetherapie nicht eingesetzt werden darf, unter anderem wenn eine Kälteunverträglichkeit besteht, offene Wunden vorliegen, bei bösartigen Hauttumoren und Atemwegserkrankungen. Warzen an empfindlichen Körperstellen wie den Augen werden ebenfalls nicht mit Kälte behandelt. Außerdem sollte die Kryotherapie nicht in Kombination mit Psychopharmaka oder bei zu hohem Alkoholkonsum angewendet werden.
Wie schnell und wie lange wirkt eine Kryotherapie?
Wie schnell eine Wirkung nach einer lokalen Behandlung mit Kälte eintritt und wie lange diese anhält, lässt sich nicht wirklich festmachen. Das hängt unter anderem vom Ausmaß der Erkrankung ab. Größere Schwellungen beispielsweise gehen langsamer zurück als kleinere. Rheumatische Erkrankungen sind zudem chronisch, was bedeutet, dass der Behandlungsprozess insgesamt deutlich länger dauert. Des Weiteren spielt der allgemeine Gesundheitszustand des Betroffenen eine große Rolle. Je schlechter dieser ist, desto weniger gut ist die Prognose. Außerdem gibt es auch Fälle, in denen eine Kryotherapie gar keine Wirkung zeigt. So reagieren Menschen mit Entzündungen in Gelenken zum Beispiel nicht immer positiv auf Kälte.
Vor- und Nachteile der Kryotherapie
Der Vorteil der Kryotherapie besteht darin, dass sie ein Verfahren ohne größeren operativen Eingriff ist. Es entstehen zumeist keine Narben. Außerdem ist sie schnell, kostengünstig und ambulant durchführbar. Nachteil ist jedoch, dass die Kälte, vor allem bei sehr niedrigen Temperaturen, von einigen Patienten als äußerst unangenehm, teilweise sogar schmerzhaft, empfunden wird. In diesen Fällen eignet sich diese Therapie oft nicht.
Wer zahlt für die Kryotherapie?
Die Behandlung mit Kälte ist in der Regel Teil des Versorgungsplans. Die Kosten werden dann durch die Krankenkassen übernommen. Wird die Kryotherapie im Zuge einer physiotherapeutischen Behandlung durchgeführt, ist zumeist ein Eigenkostenanteil zu zahlen. Liegt allerdings eine Befreiung vor, zum Beispiel bei Minderjährigen, übernimmt die Krankenkasse die Kosten vollständig.
Veröffentlicht am: 24.10.2023
Quellen
[1] S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie & Lymphologie e.V. (DGPL). Diagnostik und Therapie der Varikose (Stand: 03.2019) https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-018l_S2k_Varikose_Diagnostik-Therapie_2019-07.pdf
[2] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Physikalische Therapie. https://www.gesundheitsinformation.de/physikalische-therapie.html#:~:text=Die%20physikalische%20Therapie%20umfasst%20Behandlungen,f%C3%B6rdern%20oder%20die%20Beweglichkeit%20verbessern.
[3] Prohaska J. und Jan, A. H. Cryotherapy. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK482319/
[4] Altmeyers Enzyklopädie. Kryochirurgie. https://www.altmeyers.org/de/dermatologie/kryochirurgie-4803#authors
[5] Jeannin, J. M. Physikalische Therapie: Therapiemittel Wärme und Kälte (1). Schweiz Z Ganzheitsmed 2015;27:344-346.
[6] Jeannin, J. M. Physikalische Therapie: Therapiemittel Wärme und Kälte (2). Schweiz Z Ganzheitsmed 2016;28:29-31.
[7] Bringeland, N. E. Mythos Kryotherapie – Väterchen Frost kann in Rente gehen. physiopraxis 2018;16(01): 36-38
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