Lumbalpunktion – Zur Untersuchung von Hirnwasser

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Zusammenfassung
Die Lumbalpunktion ist ein Untersuchungsverfahren, das vor allem bei der Diagnose von Erkrankungen des Nervensystems eingesetzt wird. Dabei wird mithilfe einer speziellen Nadel Hirnwasser (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal entnommen und auf bestimmte Inhaltsstoffe untersucht. Dazu zählen Substanzen, die von Erregern stammen oder vom Körper auf eine Infektion hin ins Hirnwasser abgegeben werden. Aber auch die Zusammensetzung des Hirnwassers allgemein oder der Hirndruck lassen sich mithilfe einer Lumbalpunktion bestimmen. Das Verfahren ist ein kleiner, minimal invasiver Eingriff, der vor allem Kopfschmerzen als Nebenwirkungen und nur in seltenen Fällen Komplikationen verursacht.
Was ist eine Lumbalpunktion?
Bei der Lumbalpunktion, auch Liquor- oder Spinalpunktion genannt, handelt es sich um ein Diagnoseverfahren, das in der Neurologie, Neurochirurgie oder auch Psychiatrie angewendet wird. Dabei wird eine kleine Menge an Hirnwasser beziehungsweise Rückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis, kurz: Liquor) aus dem Rückenmarkskanal (Spinalkanal) entnommen. Dies geschieht zumeist im Bereich der Lende (lat. lumbo). Eher selten entnehmen Ärzte den Liquor im oberen Abschnitt der Halswirbelsäule, direkt unterhalb des Schädels (Subokzipitalpunktion). Mithilfe der Lumbalpunktion lassen sich insbesondere Erkrankungen des Nervensystems untersuchen.
Wie läuft eine Lumbalpunktion ab?
Eine Lumbalpunktion wird in der Regel von spezialisierten Fachärzten wie Neurologen oder Neurochirurgen entweder ambulant in einer Praxis oder in einer speziellen Klinik durchgeführt. Der Eingriff erfolgt entweder im Sitzen oder im Liegen.
Im Sitzen befindet sich die betreffende Person in vorgebeugter Position (Katzenbuckel) mit von einer Behandlungsliege herabhängenden Beinen. So kann der Arzt den Rücken der Person von der anderen Seite der Liege aus gut erreichen. Im Liegen befindet sich die betreffende Person in Seitenlage mit ebenfalls abgerundeten Rücken. Durch die gebeugte Position ist die Wirbelsäule in der Lende gedehnt und es entsteht zwischen den einzelne Wirbeln mehr Platz. Das erleichtert die Entnahme des Liquors.
Die ideale Stelle für die Punktion ist bei jedem Menschen nahezu identisch. Der Punkt liegt zwischen dem 3. und 4. oder dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper (LWK). Oberhalb dieser Wirbel endet das feste Rückenmark, sodass die Verletzungsgefahr hier deutlich geringer ist als im Halsbereich.
Um den geeigneten Bereich zu finden, tastet der Arzt horizontal entlang des Beckenkamms zur Wirbelsäule hin. In ihrer Mitte sind die herausstehenden Dornfortsätze der Wirbel spürbar. Seitlich der Dornfortsätze ist eine größere Lücke, ein Wirbelloch, durch das der Arzt die Punktionsnadel bis zum Rückenmarkskanal hindurchführt. Bevor er dies jedoch tut, verabreicht er eine örtliche Betäubung (Lokalanästhesie), damit der Einstich der Nadel und kleinste Bewegungen beim Einführen keine Schmerzen verursachen.
Bei der Punktionsnadel handelt es sich um eine spezielle Hohlnadel, die von außen durch die Haut in den Spinalkanal eingeführt wird (Punktion). Dabei durchsticht die Nadel zunächst das Bindegewebe, das um den Spinalkanal liegt. Direkt darunter liegen die Hirnhäute (Meningen), in deren Zwischenraum sich das Hirnwasser und der Liquorraum befindet. Bei einer Lumbalpunktion werden aus dem äußersten Bereich etwa 20 Tropfen Hirn- bzw. Nervenwasser entnommen. Das entspricht einer Flüssigkeitsmenge von 10 bis 15 Milliliter.
Wie lange dauert eine Lumbalpunktion?
Eine Lumbalpunktion ist zwar ein schwieriger Eingriff, er dauert jedoch nicht lang. Im Durchschnitt benötigen Ärzte etwa 15 bis 20 Minuten, um die Nadel zu setzen und den Liquor zu entnehmen.
Nach dem Eingriff verbleiben Betroffene noch für mindestens eine Stunde liegend in der Praxis oder Klinik. Danach werden sie vom Arzt auf mögliche Verletzungen oder Schäden untersucht. Dabei überprüft der Arzt beispielsweise, ob die betreffende Person ihre Beine normal bewegen kann. Ist dies der Fall und wenn es sonst keine Bedenken gibt, darf sie im Anschluss an eine ambulante Behandlung wieder nach Hause gehen.
Wann wird eine Lumbalpunktion gemacht?
Mithilfe der Lumbalpunktion lassen sich vor allem Erkrankungen des Nervensystems näher untersuchen. Dazu zählen beispielsweise:
- Starke, unerklärliche Kopfschmerzen
- Entzündungen: Hirnhautentzündung (Meningitis), Hirnentzündung (Enzephalitis), entzündliche Neuropathien (z.B. Polyneuroradikulitis (Entzündung von Nervenwurzeln) infolge einer Neuroborreliose oder des Guillain-Barré-Syndroms), Rückenmarkentzündung (Myelitis), Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose
- Hirnblutungen
- Neurodegenerative Erkrankungen: Demenz, Alzheimer oder Morbus Parkinson
- Blutkrebs (Leukämie)
- Hirntumoren
- Störungen des Hirndrucks: erniedrigter Hirndruck (intrakranielle Hypotension, SIH)
Bei erhöhtem Hirndruck wird eine Lumbalpunktion nur in wenigen Ausnahmefällen, etwa bei einem Normaldruckhydrozephalus (umgangssprachlich Wasserkopf) oder wenn die Ursache unklar ist, eingesetzt. Ziel ist es beispielsweise, durch die Punktion den Druck im Gehirn zu reduzieren.
Die Lumbalpunktion wird nicht nur als Diagnoseverfahren genutzt. Über den Zugang zum Spinalkanal können Ärzte auch Medikamente wie Narkose- oder Schmerzmittel, Antibiotika oder Krebsmittel im Rahmen einer Therapie verabreichen. Ebenso lassen sich über den Zugang Kontrastmittel spritzen, die bei einer speziellen Röntgenuntersuchung wie der Myelografie zum Einsatz kommen.
Was wird bei einer Lumbalpunktion untersucht?
Die Lumbalpunktion bietet verschiedene Möglichkeiten, Erkrankungen des Nervensystems zu untersuchen. Raumfordernde Ereignisse wie Einblutungen oder Tumoren, die sich ausdehnen und dadurch Platz in Anspruch nehmen und das Gehirn verdrängen, erhöhen beispielsweise den Hirndruck. Dieser lässt sich mit dem Legen des Zugangs bestimmen. Die Analyse des Hirnwassers auf bestimmte Entzündungsfaktoren wie Antikörper, eine erhöhte Anzahl an weißen Blutzellen (Leukozyten) oder auf andere, von Krankheitserregern stammende Substanzen wie Bakterieneiweiße geben Aufschluss über Infektionskrankheiten.
Die Zusammensetzung des Hirnwassers lässt wiederrum Rückschlüsse auf degenerative Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer zu.
Nebenwirkungen und Komplikationen einer Lumbalpunktion
Eine Lumbalpunktion kann wie jeder medizinische Eingriff Nebenwirkungen haben und ist mit Risiken verbunden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen. Wie stark diese sind und wie lang sie anhalten, hängt vom Umfang des Eingriffs und der entnommenen Menge Hirnwasser ab. Die Kopfschmerzen sind auf den gefallenen Hirndruck zurückzuführen, oft kommen sie zusammen mit Übelkeit, niedrigem Blutdruck oder einem hohen Puls. Diese Symptome werden auch „postpunktuelles Syndrom“ genannt und es verschwindet innerhalb von wenigen Tagen wieder, wenn die betreffende Person nach dem Eingriff ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt und sich mindestens einen Tag lang schont. In manchen Fällen, vor allem wenn aus der Einstichstelle Hirnwasser austritt, können diese Kopfschmerzen sich verstärken und andauern. Dann sollte die betreffende Person umgehend den Arzt aufsuchen, der über eine entsprechende Nachsorge die Einstichstelle verschließt.
Komplikationen treten bei einer Lumbalpunkten nur selten auf. Die größte Gefahr geht von einer Verletzung des Rückenmarks aus. Kommt es zu einer Verletzung, können beispielsweise Lähmungen oder gestörte Reflexe die Folge sein. Auch Einblutungen in den Rückenmarkskanal ausgehend von der Einstichstelle können ähnliche Beschwerden auslösen. Das Blut, das sich im Inneren ansammelt, drückt dabei auf das Rückenmark und/oder die Nerven, die dadurch gequetscht werden.
Eine weitere mögliche, aber seltene Komplikation ist eine Hirnhautentzündung, die sich infolge der Lumbalpunktion entwickeln kann.
Wann darf eine Lumbalpunktion nicht gemacht werden?
In einigen Fällen beziehungsweise bei manchen Personen ist eine Lumbalpunktion nicht möglich. Dazu zählen vor allem Menschen mit einer Blutungsneigung oder Gerinnungsstörung sowie jene, die eine Infektion an der Punktionsstelle zum Beispiel durch Hauterkrankungen oder Verletzungen haben. Auch bei einem erhöhten Hirndruck oder wenn eine Schwangerschaft vorliegt, wird zunächst keine Lumbalpunktion gemacht, sondern andere Diagnoseverfahren herangezogen.
Keine Lumbalpunktion ohne Einwilligung
Vor jeder Lumbalpunktion fragt der Arzt das Einverständnis der Person ab. Das bedeutet, dass er diesem Verfahren schriftlich zustimmen muss. Ohne Einwilligung kann eine Lumbalpunktion nicht durchgeführt werden.
Veröffentlicht am: 03.09.2024
Quellen
[1] S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e. V. (DGN): Lumbalpunktion und Liquordiagnostik (Stand: Juli 2019). https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-141l_S1_Lumbalpunktion_und_Liquordiagnostik_2020-01.pdf
[2] Majumder, A: Ärztliche Arbeitstechniken. In: Klinikleitfaden Intensivmedizin (Hrsg.: Braun, J. & Preuss, R.), Elsevier 2021, 11. Auflage
[3] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Was passiert bei einer Lumbalpunktion? (Stand: März 2016) https://www.gesundheitsinformation.de/was-passiert-bei-einer-lumbalpunktion.html#:~:text=Bei%20einer%20Lumbalpunktion%20wird%20mit,und%20sch%C3%BCtzt%20sie%20vor%20Ersch%C3%BCtterungen
[4] Pschyrembel Online. Lumbalpunktion. https://www.pschyrembel.de/Lumbalpunktion/K0DBM
[5] Deutsche Hirnstiftung. Lumbalpunktion und Liquoranalyse. https://hirnstiftung.org/2022/02/lumbalpunktion-liquoranalyse/
[6] Urbach, H. et al.: Spontaneous intracranial hypotension – presentation, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 480-487; https://www.aerzteblatt.de/archiv/214550/Spontane-intrakranielle-Hypotension
[7] Simon, A.: Lumbalpunktion - Mehr als nur ein kleiner Pikser. Fachartikel Thieme via medici (Stand: November 2016); https://www.thieme.de/viamedici/klinik-faecher-neurologie-1538/a/lumbalpunktion-mehr-als-nur-ein-kleiner-pikser-32783.htm
[8] Doherty, C.M. & Forbes, R.B.: Diagnostic Lumbar Puncture. Ulster Med J. 2014; 83(2): 93-102.
[9] Shaw, L.M. et al.: Appropriate Use Criteria for Lumbar Puncture and Cerebrospinal Fluid Testing in the Diagnosis of Alzheimer's Disease. Alzheimer & Dementia 2018; 14: 1505-1521
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