Traumatherapie – Wie die Psyche heilen kann

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Zusammenfassung
Eine Traumatherapie soll den Betroffenen helfen, ein stark belastendes (traumatisches) Ereignis zu verarbeiten und es mit einer gewissen Distanz als Teil der Vergangenheit zu akzeptieren. Das Mittel der ersten Wahl ist die Psychotherapie, welche auf die jeweiligen Bedürfnisse des Patienten angepasst wird. In einigen Fällen wird zusätzlich eine medikamentöse Behandlung eingesetzt.
Was ist eine Traumatherapie?
Eine Traumatherapie wird als Hilfe zur Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen angewandt. Unter einem Trauma (griechisch: Wunde) versteht man ein belastendes Ereignis, das der Betroffene nicht ohne Weiteres verarbeiten und überwinden kann. Solche traumatisierenden Erlebnisse können zum Beispiel schwere Unfälle, lebensbedrohliche Krankheiten, Krieg oder Naturkatastrophen sein, aber auch durch psychische, körperliche sowie sexuelle Gewalt entstehen. Zu den typischen Symptomen eines Traumas gehören (einzeln oder in Kombination) das ständige Wiedererleben der Erlebnisse, Albträume, Angst, Übererregtheit, Erstarrung, Gereiztheit oder das Gefühl von Hilflosigkeit.
Von einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist die Rede, wenn sich nach vier bis acht Wochen keine Besserung der Symptome zeigt. Zudem gibt es noch weitere Traumafolgestörungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen.
Eine Traumatherapie wird durchgeführt von:
- Ärzten für Psychiatrie und psychotherapeutischer Medizin
- Klinischen Psychologen
- Psychotherapeuten
Außerdem können sich Betroffene an die örtlichen Kriseninterventions-Einrichtungen oder Trauma-Kompetenzzentren wenden. Sicherlich kann die Hausarztpraxis bei der Suche eines geeigneten Therapeuten behilflich sein.
Der Begriff Traumatherapie ist nicht geschützt. Daher ist es wichtig darauf zu achten, dass der Behandelnde eine ärztliche oder psychologische/psychotherapeutische Ausbildung und eine Zusatzspezialisierung für die Therapie von Traumata hat.
Wann wird eine Traumatherapie eingesetzt?
Bei akuten traumatischen Situationen ist ein frühes Hilfsangebot entscheidend für die Bewältigung und die mögliche Entwicklung von Traumafolgestörungen. Bei einer sogenannten Krisenintervention können Gespräche mit Fachleuten helfen, den ersten Schock zu überwinden. Aber auch in den darauffolgenden Wochen ist eine Betreuung der Betroffenen sinnvoll, denn einige Symptome zeigen sich unter Umständen erst nach einer gewissen Verzögerung. Vor allem auftretende Selbstmordgedanken sind alarmierend und sollten unbedingt ernst genommen werden.
Einige Menschen überwinden ein Trauma recht schnell, andere haben lange Zeit damit zu kämpfen. In dieser Situation kann eine Traumatherapie den Betroffenen helfen. Wissenschaftler haben den Nutzen einer Psychotherapie bei einem Trauma eindeutig nachgewiesen, daher ist es die Behandlung der ersten Wahl. In einigen Fällen ist eine ergänzende Behandlung mit Medikamenten sinnvoll.
Wie wird die Traumatherapie angewendet?
In den ersten Gesprächen mit dem Therapeuten ist es wichtig, dass die traumatisierte Person Vertrauen zum Therapeuten aufbaut und mit ihm zusammen die Therapieziele bestimmt.
Eine Traumatherapie besteht grundsätzlich aus drei Phasen:
- Stabilisierung: In dieser Phase soll ein Gefühl der Sicherheit vermittelt werden, um die Hilflosigkeit zu überwinden und die eigene Kraft wiederzufinden.
- Traumabearbeitung: Erst nach der Stabilisierung kann mit der eigentlichen Therapie begonnen werden. Die Therapieform ist abhängig von Faktoren wie der körperlichen und psychischen Symptome, der Art des Traumas und der individuellen Ressourcen (Fähigkeiten, Eigenschaften) des Patienten. Das Ziel der Traumabearbeitung ist, das belastende Ereignis mit den verknüpften Emotionen zu verarbeiten und eine gewisse Distanz dazu aufzubauen.
- Integration: Die Zielsetzung der letzten Therapiephase ist, das traumatische Erlebnis in die persönliche Biographie zu integrieren. Außerdem erarbeitet der Therapeut zusammen mit dem Patienten Strategien zur Alltagsbewältigung.
Eine Gesprächstherapie kann unter vier Augen oder in Gruppen stattfinden. Oft wird nicht nur eine Methode zur Traumatherapie angewandt, sondern ein ganzheitliches (multimodales) Behandlungskonzept mithilfe einer Kombination aus verschiedenen Verfahren. Neben den klassischen Therapieformen kommen auch kreative Therapien wie Musik- oder Kunsttherapie in Frage, die nicht-traumafokussiert sind. Ebenso können ein begleitendes Bewegungsprogramm sowie verschiedene Entspannungstechniken helfen, den körperlichen und seelischen Zustand zu verbessern. Es besteht die Möglichkeit, die Therapie ambulant, teilstationär oder vollstationär in einer speziellen Klinik durchzuführen.
Es gibt verschiedene Verfahren, die in einer Traumatherapie zum Einsatz kommen, dazu zählen:
- EMDR(Eye Movement Desensitization und Reprocessing): Hierunter versteht man die Verarbeitung eines Traumas durch die Erinnerung an die Erlebnisse und gleichzeitiger, gezielter Augenbewegungen. Der Patient folgt dabei den Fingerbewegungen des Therapeuten.
- Kognitive Verhaltenstherapie (VT): Hier werden vor allem bestimmte Verhaltensmuster und Denkweisen eingeübt, die bei der Traumabewältigung helfen sollen.
- Psychodynamische Psychotherapie: Bei dieser Therapieform geht es darum, dass die Betroffenen die Zusammenhänge zwischen dem Erlebten und ihren Symptomen verstehen. Zum Beispiel wird hier auch mit positiven inneren Vorstellungen gearbeitet, um den schlimmen Erlebnissen etwas entgegenzusetzen.
- Gesprächspsychotherapie: Der Patient kann in Gesprächen mit dem Therapeuten seine Gefühle ausdrücken und langsam wieder Sicherheit und Vertrauen in sich und seine Umwelt finden. Auch wichtige Bezugspersonen können Bestandteil der Gespräche werden.
- Psychoedukation: Begleitend zu anderen Maßnahmen hilft es vielen Patienten, mehr Informationen über ihre Krankheit und deren Behandlung zu erhalten, um besser damit umgehen zu können.
- Medikamentöse Therapie: Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist die Psychotherapie als Erstmaßnahme den psychisch wirksamen Medikamenten (Psychopharmaka) vorzuziehen. In einigen Fällen ist die begleitende Einnahme von Antidepressiva wie Sertralin, Paroxetin oder Venlafaxin sinnvoll. Diese Wirkstoffe helfen zudem bei Angst- oder Panikstörungen sowie bei Zwängen. Experten raten von Schlaf- und Beruhigungsmitteln (beispielsweise Benzodiazepinen) zur Traumatherapie ab, da sie dem Patienten unter Umständen eher schaden als nutzen.
Welche Risiken bestehen bei einer Traumatherapie?
Setzt sich der Betroffene mit seinen traumatischen Erlebnissen auseinander, kann es zu einer Retraumatisierung kommen. Dabei empfindet der Patient erneut die belastenden Gefühle wie vollkommene Hilflosigkeit und Angst. Aus dem Grund ist es besonders wichtig, sich einem speziell ausgebildeten, Traumatherapie-erfahrenen Therapeuten anzuvertrauen. Dieser zeigt der betroffenen Person vor der Behandlung Techniken, die helfen, die Kontrolle über die Situation zu behalten. Dies kann beispielsweise gelingen, indem sich Betroffene einen inneren, sicheren Ort schaffen, an den sie sich mental vor den bedrohlichen Erinnerungen zurückziehen können.
Besonders wichtig ist es, sich nach der oft aufwühlenden Therapie genug Zeit für die Verarbeitung der Gefühle und Gedanken zu nehmen.
Wann sollte die Traumatherapie nicht eingesetzt werden?
Eine Traumatherapie kann meist nur dann richtig helfen, wenn bestimmte Voraussetzungen bestehen. Bei den folgenden Gegebenheiten ist eine Traumatherapie nicht ohne Einschränkungen zu empfehlen:
- Akute Selbstmord- und Selbstverletzungsgefahr
- Akute Psychosen (z. B. mit Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Denkstörungen)
- Dissoziative Symptome (wie große Erinnerungslücken, Loslösen von sich selbst)
- Gefahr der Gewalt gegen andere
- Drogenkonsum
Diese Verhaltensweisen und Symptome führen oft zu unkontrollierten Handlungen, die unter anderem durch das erneute Erleben der Traumasituation oder bestimmter Auslöser (Trigger) hervorgerufen werden können.
Wer trägt die Kosten für eine Traumatherapie?
Grundsätzlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die vollständigen Kosten für eine Traumatherapie. Sie brauchen keine Überweisung. Der Psychotherapeut wird nach den ersten Gesprächen mit Ihnen, eine passende Therapie vorschlagen und mit Ihrer Mithilfe den Antrag auf die Therapie stellen.
Veröffentlicht am: 11.09.2023
Quellen
[1]: Deutsche Traumastiftung. Traumata. https://www.deutsche-traumastiftung.de/traumata
[2]: GESUNDheit.GV.AT, Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs. Seelisches Trauma überwinden. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/trauma.html
[3]: Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). S3 Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/155-001l_S3_Posttraumatische_Belastungsstoerung_2020-02_1.pdf (Stand: 19.12.2019)
[4]: Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Patienteninformation Posttraumatische Belastungsstörung. https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/155_Deutschsprachige_G_f_Psychotraumatologie/155-001ki_S3_Posttraumatische_Belastungsstoerung_2021-11.pdf (Stand: 11/2021)
[5]: Neurologen und Psychiater im Netz. Psychosen. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/psychosen
[6]: Pschyrembel Online. Dissoziative Störungen. https://www.pschyrembel.de/dissoziative%20St%C3%B6rung/K0LMN/doc/
[7]: Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Wege zur Psychotherapie, Wer zahlt? – Anträge und Kosten. https://www.wege-zur-psychotherapie.org/wer-zahlt-antraege-und-kosten/
[8]: Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). S2k Leitlinie: Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-027l_S2k_Diagnostik_Behandlung_akute_Folgen_psychischer_Traumatisierung_2019-10.pdf (Stand: 07/2019)
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